Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

Anlage 2. 
Chef des Generalstabes. 
Glst. Res. Nr. 1581. 
Denkschrift 
vom 2 3. April 1911. 
Allergnädigster Herr! 
Ich bitte Euer Majestät um Allergnädigste Entgegennahme des vor¬ 
liegenden a. u. Vortrages, in welchem ich bemüht bin, in gedrängter 
Kürze den Hergang der mein Ressort berührenden Verhältnisse seit dem 
Zeitpunkte meiner Amtswirksamkeit darzulegen und hieraus die dermalen 
dringendsten und unerläßlichen Maßnahmen abzuleiten. 
Bei meiner Ernennung zum Chef des Generalstabes habe ich in 
einem an den k. u. k. Minister des Äußern gerichteten Schreiben, sowie 
wiederholt in verschiedenen a. u. unterbreiteten Denkschriften auf den 
innigen Zusammenhang zwischen äußerer Politik, Heeresausgestaltung 
und konkreten Kriegsvorbereitungen hingewiesen. In diesem Sinne die 
Lage im Jahre 1906/07 beurteilend, habe ich die Überzeugung aus¬ 
gesprochen, daß das Entwicklungsgebiet für die Monarchie am Balkan 
zu suchen ist, daß nicht nur kommerzielle und kulturelle Interessen die 
Monarchie dahin weisen, sondern daß auch die dauernde Erhaltung 
wesentlicher Gebietsteile der Monarchie es bedingt, die südslawische Frage 
seitens der Monarchie zu lösen und diese Lösung nicht andern Staaten 
(Serbien, Montenegro) in die Hände zu spielen, daß deshalb schon, 
überdies aber auch aus mannigfach anderen militärischen, geographischen, 
kommerziellen und politischen Gründen nicht nur die mittlerweile voll¬ 
zogene Annexion Bosniens und der Herzegowina, sondern auch die 
Einverleibung Serbiens, inklusive des Gebietes von Nis, das unverrück¬ 
bare Ziel der Monarchie sein müsse. 
Ich habe dabei weiter betont, daß bei Anstreben dieses Zieles Italien 
als Gegner der Monarchie auftreten würde, umsomehr als Italien auch 
das aggressive Ziel verfolgt, Südtirol, Küstenland, Istrien etc., mindestens 
aber Südtirol der Monarchie zu entreißen. Ich habe dabei wiederholt 
geltend gemacht, daß es eine arge Täuschung wäre, sich durch momentane 
offizielle Freundschaftskundgebungen beruhigen und einschläfem zu 
lassen, daß es vielmehr Pflicht ist, dieser Gefahr ins Auge zu sehen und 
daraus die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. 
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