Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

Für den Fall, daß eine Einigung nicht zustande käme, bestimmt 
Artikel I: „wird die Frage Rußland zur Begutachtung vorgelegt. Die 
Entscheidung Rußlands ist für beide vertragschließenden Parteien ver¬ 
bindlich.“ 
Laut Artikel III war eine Kopie des Vertrages mit der Geheimanlage 
und der Militärkonvention der russischen Regierung zu überreichen und 
von Rußland das Schiedsrichteramt in strittigen Fällen zu erbitten. 
Die Militär-Konvention fordert für den Fall gegenseitiger Hilfe: von 
Serbien 150.000, von Bulgarien 200.000 Mann. Falls Rumänien Bul¬ 
garien angreifen sollte, hatte Serbien sofort an Rumänien den Krieg zu 
erklären und mindestens 100.000 Mann entweder an die mittlere Donau 
oder in die Dobrudza gegen Rumänien zu senden. Falls die Türkei 
Bulgarien angreift, hatte Serbien mit mindestens 100.000 Mann gegen 
diese einzugreifen. 
Gegen Österreich-Ungarn kehrte sich Artikel III: 
„Falls Österreich-Ungarn Serbien angreifen sollte, verpflichtet sich 
Bulgarien, Österreich-Ungarn sofort den Krieg zu erklären und seine 
Truppen in Stärke von 200.000 Mann auf serbisches Gebiet zu entsenden 
und gemeinsam mit der serbischen Armee offensiv und defensiv gegen 
Österreich-Ungarn operieren zu lassen. 
Diese Verpflichtungen seitens Bulgariens zugunsten Serbiens bleiben 
auch für den Fall in Kraft, daß Österreich-Ungarn, nach Vereinbarung 
mit der Türkei oder ohne eine solche, unter irgend einem Vorwände seine 
Truppen in den Sandzak von Novipazar einrücken lassen und hierdurch 
Serbien nötigen sollte, entweder Österreich-Ungarn den Krieg zu erklären 
oder seine Heere nach dem Sandzak zur Verteidigung seiner dortigen 
Interessen zu entsenden, wodurch Serbien einen Zusammenstoß mit 
Österreich-Ungarn hervorrufen würde.“ 
Dabei war allerdings zu bedenken, daß die bulgarische Wehrmacht 
durch Rumänien und wohl auch durch die Türkei gebunden, also kaum 
gegen Österreich-Ungarn verfügbar geworden wäre. 
Bezeichnend für die Lage nach der Annexionskrise ist folgende Stelle 
aus einem Bericht des serbischen Geschäftsträgers Gruic in London vom 
8. September 1911 an den serbischen Minister des Äußern Milovanovic: 
„Aber sowohl Frankreich wie auch seine Bundesgenossen sind der 
Ansicht, daß der Krieg — selbst um den Preis größerer Opfer — auf 
spätere Zeit, das ist auf die Jahre 1914—1915 verschoben werden 
müsse. Die Notwendigkeit dieses Aufschubes erheischt weniger die 
materielle Kriegsbereitschaft Frankreichs, welche vollendet ist, als die 
Organisierung des Oberkommandos, welche noch nicht beendet ist. Diese 
Frist ist auch Rußland erforderlich. Hiervon wird nur England keinen 
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