Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

der Erzherzog in seinem Inneren zu einem kriegerischen Schritt ent¬ 
schlossen war. Er erörterte alles hierauf Bezugnehmende, besprach die 
konkreten Kriegsvorbereitungen mit dem Interesse, als ob er deren Aus¬ 
führung im Auge habe, schien mir aber anderseits im Herzen nicht recht 
dazu geneigt. 
Ich hatte den Eindruck, daß er auch unter Einflüssen stehe, die mir 
von deutscher Seite zu kommen schienen. 
Bestimmte Anhaltspunkte fehlen mir hiefür, doch erinnere ich mich 
eines vom Erzherzog mir zur Kenntnis gebrachten Briefes Kaiser 
Wilhelms, in dem dieser schrieb, daß es jetzt in Europa eines Mannes 
bedürfe, der für die friedliche Beilegung der Konflikte eintrete. 
Um den Militärattaches in London, wo die Botschafter-Konferenz 
tagte, und in Petersburg, wo der Rückhalt Serbiens lag, eine besondere 
Richtlinie für ihre Beobachtungen und ihr Verhalten zu geben, erließ ich 
an dieselben folgende Weisungen: 
„Wien, 30. Dezember 1912. 
Zur Orientierung über die hierstellige Auffassung der Lage teile ich 
Ihnen folgendes mit: 
Einer etwaigen Forderung, daß wir unsere Standesergänzung durch 
Entlassungen wieder reduzieren, würde ich mich unbedingt widersetzen; 
es ist darauf hinzuweisen, daß unsere jetzigen Stände kaum jene Höhe 
erreichen, wie sie die Stände der deutschen und russischem Truppen 
immer aufweisen. 
Eine Abtretung Skutaris an Montenegro wäre gegen unsere 
Intentionen; ebenso auch jede Grenzbestimmung, welche Albanien ein¬ 
engt und Gebiete mit albanischer Bevölkerung unter fremden Besitz 
brächte. 
Als streng reserviert teile ich Ihnen mit, daß meine rein persön¬ 
liche Anschauung dahin geht, daß eine kriegerische Abrechnung mit 
Serbien die einzige erfolgversprechende Lösung der Frage wäre.“ 
Als sich die Anzeichen besonderer militärischer Maßnahmen in 
Rumänien mehrten, deren Zweck damals noch nicht klar lag, aber sicher¬ 
lich schon zu dieser Zeit auf die Erzwingung der Gebietsabtretung seitens 
Bulgariens gerichtet war, erteilte ich brieflich folgenden Auftrag an den 
k. u. k. Militärattache in Bukarest: 
„Wien, 31. Dezember 1912. 
Die Vorgänge in Rumänien erregen mein großes Interesse. Es 
scheinen dort tatsächlich besondere militärische Vorgänge im Zuge. 
Worauf zielen sie? 
Will Rumänien mit uns gegen Rußland? 
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