Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

eine gewisse Verlegenheit — meinte, daß hinsichtlich der anderen Kräfte 
(ausgenommen die 3. Armee) wohl die bisherigen Dispositionen aufrecht¬ 
bleiben dürften. 
Genehmigen etc. etc. Conraid m. p.“ 
Am 16. Dezember 1912 hatte ich eine Besprechung mit Graf Berchtold 
gehabt. Getreu meiner Gepflogenheit, wichtige Unterredungen womöglich 
nachträglich niederzuschreiben, richtete ich folgenden Brief an Graf 
Berchtold. „Wien, am 23. Dezember 1912. 
Mit Bezug auf das Gespräch, das ich die Ehre hatte, mit E. E. am 
16. Dezember abends zu führen, erlaube ich mir eine Niederschrift des 
nachfolgenden Gedankenganges zu übersenden. 
Die Resultate einer zurückhaltenden, rein friedlichen Politik der 
Monarchie in der Balkankrise können nur sein: 
Verlust an Prestige und damit Verlust an politischer und wirtschaft¬ 
licher Macht und Geltung; 
Mißtrauen der Bundesmächte in die Kraft der Monarchie und damit 
in den Wert der Bundesgemeinschaft; 
jetzt schon, mindestens aber in Hinkunft: Maßlosigkeit in den 
Forderungen seitens der Gegner der Monarchie, eine Maßlosigkeit, die 
mit jedem neuen Nachgeben der Monarchie zu neuen Forderungen führt, 
im Einklang hiemit immer aggressiveres Vorgehen des momentanen 
Hauptgegners der Monarchie, nämlich Serbiens; 
Aufflackem und Anwachsen des revolutionären Sympathisierens der 
slawischen Bevölkerung für die großserbischen Aspirationen; 
Sinken der patriotischen Stimmung bei den übrigen Nationalitäten 
der Monarchie infolge Erkenntnis der Impotenz des Staates; 
Sinken des militärischen Geistes und des Vertrauens der Armee in 
sich selbst, weil sie diese Tatenlosigkeit als ein Symptom des Mißtrauens 
auffaßt; 
tiefe Verstimmung im Offizierskorps; 
Gefahr des schließlichen Verlustes der südslawischen Gebiete der 
Monarchie und damit auch der Seemachtstellung; 
wirtschaftlicher Ruin der Privatuntemehmungen infolge des ununter¬ 
brochenen krisenhaften Zustandes; 
wirtschaftlicher Ruin des Staates infolge der enormen Kosten der 
Bereitstellung, ohne Hereinbringung eines positiven Gewinnes; 
Fortdauernde Verschlechterung dieser Situation bei längerem 
Zuwarten. 
Einziges Mittel zur Lösung: Kriegerische Niederwerfung Serbiens 
ohne Scheu vor den möglichen Konsequenzen eines solchen Schrittes, 
lt 
395
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.