Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

Rußland. Die erhöhte militärische Tätigkeit in Rußland war 
unverkennbar, sie hatte einerseits den Charakter beschleunigten Nachholens 
allgemeiner Versäumnisse, anderseits jenen allmählicher spezieller Ma߬ 
nahmen für die Kriegsbereitschaft gegen Deutschland und Österreich- 
Ungarn. 
Die turnusweise Einberufung und Ausbildung der großen Zahl 
bisher Nichtausgebildeter, die kurzfristigen Bestellungen von Material 
aller Art, der rasche Ausbau der Befestigungen und der militärischen 
Bahnen gehörten zu ersteren, die Verstärkung des Grenzschutzes, das 
Rückhalten des ausgedienten Jahrganges, Bereitstellen der Truppentrains, 
Truppenverlegungen, Konzentrierung von Bahnmaterial, Erhöhung der 
Kohlen Vorräte etc. gehörte zu letzteren Maßnahmen. 
Das Bild im großen aber wies darauf hin, daß Rußland einem Kriege 
zwar möglichst gewachsen sein, daß es diesen aber damals vermieden 
wissen wollte, da es mit all diesen Vorbereitungen noch stark im Rück¬ 
stand war. 
Von den allmählich einlangenden Nachrichten seien folgende hervor¬ 
gehoben : 
Der Bericht vom 13. Dezember meldete: 
Munitionstransporte nach Nowo-Georgiewsk, Bestellung von hundert 
innerhalb acht Wochen zu liefernden Lastautomobilen, Rückberufung der 
russischen Ärzte aus Montenegro, Errichtung von Sanitätszügen im 
Militärbezirk Warschau, antiösterreichische Agitation der russischen 
Geistlichkeit in den Grenzbezirken, Zunahme der Auswanderung, Erneuten 
in Sewastopol. Die politische Stimmung in Petersburg zum Frieden 
geneigt, da die Lage den Krieg für Rußland nicht wünschenswert 
erscheinen ließe. 
Der Bericht vom 14. Dezember meldet die Verstärkung der 
Grenzwache durch Truppen des Heeres, die Errichtung von Flugstationen 
in Warschau und Lublin, Ausrüstungsarbeiten der Festungen Warschau, 
Iwangorod, Nowo-Georgiewsk, Grodno und Brest; die Mobilisierung 
der baltischen Flotte, endlich die Anordnung, rollendes Bahnmaterial auf 
60 Kilometer von der Grenze zurückzuschieben. 
Der Bericht vom 16. Dezember meldet: Truppentransporte 
aus Kiew nach Rowno und Dubno; dorthin auch Munitionszuschübe; 
Aufstellung einer Fliegerabteilung in Zytomir; Befestigungsarbeiten bei 
Bjelcy (in Beßarabien, also gegen Rumänien); Registrierung aller Privat¬ 
autos mit dem Befehl, auf ergehendes Aviso innerhalb 24 Stunden ein¬ 
zurücken. Abgehen von Freiwilligen nach Serbien. 
Der Bericht vom 18. Dezember bestätigte die Grenzschutz¬ 
verstärkung, die permanenten Befestigungsarbeiten in Brest; umfangreiche, 
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