Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

Napoleon aufgestellt worden, der daran erinnert, daß schon sein großer 
Vorfahr, Napoleon I., durch seinen Konsul Torqueville Albanien vom 
türkischen Joch befreien wollte, was damals der Engländer Howe von 
Korfu aus verhinderte. Diesen beiden Bewerbern gegenüber dürfte der 
württembergische Herzog von Urach nur geringe Aussichten haben, 
während die übrigen Kandidaten Albert Ghika, Aladro Castriota, Bib 
Doda und andere bereits gänzlich in den Hintergrund getreten sind. 
Sollte nun wirklich zur Bereinigung dieser Fragen eine europäische 
Konferenz erforderlich werden, so dürfte Österreich jedenfalls dafür 
sorgen, daß die Angelegenheit des serbischen Hafens und die prinzipielle 
Frage der Autonomie Albaniens schon vorher entschieden werden.“ 
Zweiter Artikel. 
„Der Krieg ist unvermeidlich! 
Die vorstehende Schilderung der diplomatischen Lage läßt leider einen 
Punkt außer acht: die systematischen Provokationen Serbiens gegen 
Österreich, sowie den Gegensatz zwischen unserer Monarchie und den 
Ansprüchen Serbiens auf Albanien. Weder die Warnung Österreichs, 
noch die freundschaftlichen Mahnungen Rußlands und Italiens haben die 
Machthaber in Belgrad davon abhalten können, sich in Albanien fest¬ 
zusetzen. Erklärt nun aber Österreich, es könne nicht gestatten, daß 
Serbien auch nur einen Kilometer der albanesischen Küste besetze, und 
tut dies Serbien dennoch, so ist das eben der Krieg! Wollte in diesem 
Falle unsere Monarchie nachgeben, so würde sie dadurch sich selbst aus 
der Reihe der Großmächte streichen. Ebensowenig ist zu erwarten, daß 
Serbien von dem Standpunkt, den es bis jetzt mit solcher Zähigkeit ver¬ 
treten hat, abgehen wird. König Peter und seine Minister wissen, daß 
Österreich sein Veto gegenüber der Besetzung Albaniens nicht zurück¬ 
ziehen wird. Sie haben deshalb zu gewärtigen, daß schon in den nächsten 
Tagen die Kriegserklärung Österreichs erfolgen muß. 
Es fragt sich nun, ob Serbien Aussicht hat, daß Rußland ihm zu 
Hilfe kommen wird. Nach der an erster Stelle gegebenen diplomatischen 
Darlegung ist es sehr unwahrscheinlich, daß der Zar den Serben zuliebe 
einen europäischen Krieg beginnen wird. Rußland steht in Ostasien vor 
neuen Gefahren, und in Europa würde sofort das Deutsche Reich als 
Bundesgenosse Österreichs auftreten. Es ist daher anzunehmen, daß nicht 
nur Kaiser Nikolaus am Dienstag unserem Botschafter Graf Thurn sehr 
friedliche Versicherungen gegeben hat, sondern daß auch Kaiser Wilhelm 
mit dem Zaren ein Abkommen getroffen hat, nach welchem Rußland im 
Falle eines österreichisch-serbischen Krieges neutral bleiben wird. 
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