Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

„Euer Exzellenz! 
Nachdem E. E. die liebenswürdige Geduld haben, meine politischen 
Herzerleichterungen in dieser schweren Zeit freundlich aufzunehmen, 
erlaube ich mir, Ihnen auch den beiliegenden Essay zu übersenden. 
Ich glaube von E. E. soweit gekannt zu sein, daß Sie mir 
Fanfaronaden, Wolkenschiebereien und Bramarbassaden nicht zumuten; 
derartiges war mir immer widerlich. Für mich gilt nur die Tat, nicht das 
Wort, diese aber überlege ich sehr, daher war ich in meiner früheren 
Stellung auch immer im Kampf mit den höheren Gewalten, wenn ich in 
Voraussicht kommender Komplikationen alles aufbot, um für letztere vor¬ 
bereitet zu sein. 
Mit derselben kühlen Ruhe betrachte ich auch die jetzigen Ereignisse, 
und ich lasse mich nicht durch die unvermeidliche Indignation, welche 
das Vorgehen Serbiens auslöst, aus dieser nüchternen Ruhe bringen, 
aber ich bin doch auf dem Standpunkt, daß der Monarchie, wenn die 
Dinge so weiter gehen, nichts erübrigen wird, als alles auf eine Karte 
zu setzen. 
Diese wenig neidenswerte Lage ist eben die Folge der schweren 
politischen Fehler des Grafen Ährenthal, somit ein aufgezwungenes Erbe. 
Genehmigen etc. etc. 
Wien, am 19. November 1912. Conrad m. p.“ 
Auch an Exzellenz Baron Bolfras gab ich begleitende Zeilen bei, 
welche dieser mit dem Hinweis erwiderte, daß manche ernste Maßregel 
im Zuge sei, leider aber der Winter vor der Türe stehe. In meinem Darr,: 
(d. d. 25. November 1912) für seine Antwort fügte ich folgende Stelle ein: 
„Mögen unsere Berufenen jetzt klar darin sehen, ob wir nur 
Serbien oder ob wir nicht auch Rußland als aktiven Gegner zu rechnen 
haben; wenn letzteres der Fall, dann wäre wohl ohne zu zögern alle 
Kraft gegen Rußland zu wenden, wobei ich voraussetze, daß man der 
aktiven Mitwirkung Deutschlands und Rumäniens sicher ist. Hoffentlich 
führt ein gnädiges Schicksal die Monarchie auch aus dieser Krise.“ 
Die damals herrschenden Ansichten über die politische Lage finden 
Ausdruck in folgenden Artikeln des Blattes „Groß-Österreich“ vom 
1. Dezember 1912. Wer diese Artikel verfaßt hat, ist mir zwar nicht 
bekannt, doch weiß ich, daß die Tendenzen dieses Organes der von 
Seiner Kaiserlichen Hoheit Erzherzog Franz Ferdinand eingehaltenen 
Richtung entsprachen und daß das Journal von ihm protegiert wurde. 
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