Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

zu sichern, um erst bei seinerzeitiger günstigerer Gelegenheit größere 
Ziele zu verfolgen. 
Ich möchte noch der Möglichkeit gedenken, daß in dem jetzigen 
Krieg, sei es mit oder ohne Eingreifen Rumäniens, ein Umschwung 
zu Gunsten der Türkei einfritt. 
In diesem Falle müßte die Monarchie sofort zulangen und zum 
Schutze Serbiens und Montenegros aktiv eingreifen, um dann aber diese 
Gebiete in irgend einer Form sich anzugliedern und dadurch die süd¬ 
slawische Frage zu lösen, deren große Gefahr eben darin besteht, daß 
ein Teil der Südslawen im Gebiet der Monarchie, der andere in den 
angrenzenden souveränen Königreichen lebt. 
Grundzug unserer Politik muß bleiben, daß es darauf ankommt, die 
außerhalb der Monarchie liegenden (serbisch-montenegrinischen) Gebiete 
der Monarchie anzugliedern; geht es nicht in der Form einer Ein¬ 
verleibung, so muß es mindestens in einem Bundesverhältnis angestrebt 
werden. Je nachdem sich Gelegenheit hiezu bietet, muß dieselbe in der 
einen oder in der anderen Weise ausgenützt werden. 
Am Schlüsse meiner obigen Darlegungen möchte ich nur resümieren, 
daß in der jetzigen Lage der Monarchie ganz spezielles militärisches Vor¬ 
denken und ganz spezielle militärische Vorbereitungen notwendig sind, 
wenn man nicht Überraschungen oder Versäumnisse erleben will. 
Mehr wie je müssen jetzt äußere Politik und militärische Maßnahmen 
Hand in Hand gehen. 
Ich will jedoch ohneweiters annehmen, daß es hieran nicht fehlt.“ 
Nach einigen Tagen entschloß ich mich, diesen Essay an Exzellenz 
Baron Bolfras, an Oberst Dr. von Bardolff und, mit Rücksicht auf die 
vorangeführte Besprechung, auch an Graf Berchtold zu senden. Zur 
Charakterisierung des Verhältnisses, unter dem dies geschah, führe ich 
die begleitenden Briefe an die beiden militärischen Stellen wörtlich an: 
An Exzellenz Baron Bolfras. 
„Wien, 1. November 1912. 
Euer Exzellenz! 
Ich bitte zu verzeihen, wenn ich als Abseitsstehender diese Zeilen 
an E. E. richte; aber den epochalen Ereignissen, welche sich jetzt voll¬ 
ziehen, vermag wohl kein Patriot teilnahmslos gegenüberzustehen. 
Ich erlasse es mir, länger auszuführen, wie bitter ich darunter leide, 
daß man im Jahre 1909 meinen dringenden Rat unbeachtet gelassen hat 
und die bereits gründlich vorbereitete Aktion im letzten Momente 
fallen ließ. 
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