Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

So habe ich es seit meiner Entlassung gehalten und so halte ich 
es auch weiter; bei einem gegenteiligen Vorgang kommt man zu leicht 
in schiefe Situationen, und die vertrage ich nicht. 
Sei herzlichst gegrüßt von Deinem ergebensten 
Conrad, G. d. I.“ 
Der Tripoliskrieg, das spannendste Ereignis anfangs des 
Jahres 1912, zog sich in die Länge. Er komplizierte sich zu Jahresbeginn 
durch eine vorübergehende Trübung der Beziehungen zwischen Italien 
und Frankreich, dadurch hervorgerufen, daß die Italiener zwei der Konter¬ 
bande verdächtige französische Schiffe durchsuchten und nach Cagliari 
führten. Der Konflikt, den wohl beide Teile, im Hinblick auf das seit 1902 
bestehende Einverständnis für künftige Aspirationen, rasch beseitigt sehen 
wollten, wurde Ende Jänner 1912 unter großen gegenseitigen Freund¬ 
schaftsbeteuerungen durch das Haager Schiedsgericht geschlichtet. 
Im April angebahnte Friedensvermittlungen zwischen Italien und der 
Pforte scheiterten, da in Italien bereits am 23. und 24. Feber Kammer 
und Senat die durch den König schon früher erklärte Annexion von 
Tripolis bestätigten; was, nebenher bemerkt, der Türkei in Arabien 
eine Erleichterung verschaffte, indem Scheik Jahia, als Mohammedaner, den 
Aufstand einstellte. Nur Scheik Idris verharrte auch weiter im Aufstand. 
Die Operationen in Tripolis schritten langsam fort. 
Die Italiener nahmen am 11. April Buchanez, am 2. Mai Lebda, am 
5. August die Oase Sansur und hatten am 20. September den Erfolg 
bei Sidi Bilal. Aber im wesentlichen war der Krieg auf die Küste 
beschränkt. Er hatte Italien schon einen großen Aufwand gekostet, 
darunter ein Aufgebot von fast 200.000 Mann. Italien versuchte daher 
auch an anderer Stelle der Türkei beizukommen. Solche auf dem Kontinent 
der Balkan-Halbinsel zu suchen, verwehrte der Einspruch der Großmächte, 
so daß Italien erklärte, hier den status quo zu respektieren. Dagegen 
richtete es maritime Unternehmungen auf andere Ziele. 
Am 24. Feber zerschoß die italienische Flotte einige kleine türkische 
Schiffe im Hafen von Beirut, am 18. April folgte ein mißglückter Vorstoß 
gegen die Dardanellen. Er veranlaßte die Türkei, die Dardanellen auch 
mit Minen zu sperren. 
Sie stieß dabei auf die Verwahrung der Großmächte, die dadurch 
den Handel gefährdet sahen. 
Am 5. Mai besetzte General Amelio die Insel Rhodus, deren 
Besatzung kapituliert hatte. Den 19. Juli erfolgte unter Admiral Viale 
ein neuer mißglückter Versuch, die Dardanellen zu forcieren. Im Juni besetz¬ 
ten die Italiener die Farsaninseln im Roten Meere und den Dodekanes. 
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