Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

empfange ein, und ich war in der Lage, aus ihrer übereinstimmenden 
Darstellung folgenden Tatbestand festzustellen: Herzog Avarna 
hatte tatsächlich aus einer Quelle, die er mir nicht 
nannte, schon am 2 9. vorigen Monats spät abends die 
Nachricht vom Rücktritte Freiherrn von Conrads 
erfahren und dies hierauf dem deutschen Botschafter 
m i t g e t e i 11. Herr von Tschirschky, welcher hievon seinerseits 
keinerlei Kenntnis hatte, beauftragte seinen Militärattache Grafen 
Kageneck, diese Nachricht zu verifizieren. Aus den Worten 
Herrn von Tschirschkys konnte ich entnehmen, daß Graf Kageneck sich 
geradezu in seiner persönlichen Empfindlichkeit getroffen fühlte, weil man 
ihm bei seinem fortgesetzten intimen Kontakte mit dem Generalstabe 
keinen diesbezüglichen Wink erteilt habe. Er scheint diesen Gefühlen 
bei einem der höheren Offiziere im Generalstabe Ausdruck verliehen und 
darauf hingewiesen zu haben, daß ihm sein Botschafter eine Rüge erteilt 
habe, weil er eine so wichtige militärische Angelegenheit 
nicht von seinem Militärattache, sondern vom Bot¬ 
schafter Italiens erfahren habe. 
Auf Grund dieser Unterredung entstand die von der »Zeit« 
publizierte Notiz, durch welche zwei Botschafter und ein Militärattache 
kompromittiert erschienen und gegen den Minister des eigenen Landes 
ein so schwerer Vorwurf vor der Öffentlichkeit erhoben wurde. Dies ist 
ein neuerlicher Beweis, mit welchen Gefahren die Unterhaltung von 
Beziehungen mit einem so übel beleumundeten und geradezu als Revolver¬ 
blatt zu bezeichnenden Organ verbunden ist. 
Herr von Tschirschky brachte seine Aufklärungen in sehr aufgeregtem 
Tone vor und konstatierte, daß man, so bedauerlich dies auch sei, unter 
solchen Verhältnissen mit dem Generalstabe nur mit der größten Reserve 
verkehren könne, so daß er sich genötigt gesehen habe, Graf Kageneck 
zur Vorsicht zu ermahnen, da man, wie es scheint, Gefahr laufe, daß beim 
Generalstab geführte vertrauliche Gespräche in die Zeitungen kommen. 
Diesen für mich äußerst peinlichen Auseinandersetzungen des deutschen 
Botschafters vermochte ich nichts entgegenzuhalten. 
Ich bin zwar nicht in der Lage, zu beurteilen, ob es unbedingt nötig 
ist, daß im Kriegsministerium ein literarisches Bureau unterhalten werde 
und wie die Bereitstellung der für das ersprießliche Funktionieren eines 
solchen Bureaus erforderlichen materiellen Mittel mit der vielfach beklagten 
mißlichen budgetären Situation des Kriegsressorts im Einklänge steht. 
Die Vorkommnisse, über welche ich mir die ehrerbietigste Freiheit 
genommen habe, Eurer Majestät im Vorstehenden Meldung zu erstatten, 
veranlassen mich jedoch, an Allerhöchstdieselben die gehorsamste Bitte 
288
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.