Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

Auch das Inhibieren von Urlauben nach der Türkei und besonders 
nach Albanien wurde vom Ministerium des Äußern zu einer Zeit 
angeregt und durch die politische Lage als dringend geboten betont, als 
Offiziere anderer Staaten, ohne irgend welchen Schwierigkeiten zu 
begegnen, diese Länder bereisten. 
Die Besorgnis des Ministeriums des Äußern, daß unseren Offi¬ 
zieren seitens der dortigen Behörden Unannehmlichkeiten bereitet wer¬ 
den könnten, mag nicht ganz unbegründet sein. Der erste solche Fall 
müßte aber eben die Gelegenheit geben, ein Verhalten an den Tag zu 
legen, welches mit Rücksicht auf die Großmachtstellung der Monarchie 
bei den auswärtigen Behörden die Überzeugung zeitigt, daß unseren 
Offizieren ein Schutz zur Seite steht, der sie im Auslande ebenso sicher 
wandern läßt, wie jene der anderen Großstaaten. 
Pflichtgemäß muß ich gegen eine Einschränkung der Offiziers¬ 
urlaube — nach welchen Ländern immer — Einsprache erheben, weil 
wir Offiziere, namentlich aber Generalstabsoffiziere, mit umfangreichen 
Länderkenntnissen brauchen, die nicht aus Büchern, sondern nur aus 
unmittelbaren Eindrücken geschöpft werden können. Dazu ist aber das 
Reisen auch abseits der Hauptbewegungslinien des Fremdenverkehrs 
notwendig, was — wie schon früher a. u. erwähnt wurde — selbstver¬ 
ständlich nie mit Spionage irgend welcher Art verbunden sein darf. 
Meinen früheren a. u. Ausführungen bitte ich E. M. Allergnädigst 
entnehmen zu wollen, daß wir ausschließlich auf Nachrichten an¬ 
gewiesen sind, welche uns im Auslande sich aufhaltende Berufskund¬ 
schafter liefern, deren Zahl schon wegen der unzulänglichen Geldmittel 
nur eine geringe sein kann. 
Was aber die Position unserer Kundschafter im Auslande beson¬ 
ders schwierig macht, ist die zumeist sehr patriotische Haltung der 
Bevölkerung unserer Nachbarstaaten, welche stets bemüht ist, im Ver¬ 
eine mit den dazu dienstlich berufenen Organen jede Spionage zu ver¬ 
hindern und jeden geringsten Verdacht der Auskundschaftung auch 
dann in der Presse überlaut zu affichieren, wenn sich der Verdacht als 
gänzlich haltlos herausstellt. 
Was die bei uns tätigen Kundschafter sowohl Italiens als auch 
Serbiens, Montenegros und Rußlands betrifft, so ist leider ihre Lage 
eine weit günstigere, weil sie häufig Verbindungen mit reichsfeindlichen 
Konnationalen in unseren Grenzgebieten haben, die ihnen jede Förde¬ 
rung zuwenden. 
Trotzdem verhält sich die Zahl der wegen Spionage Verhafteten 
und Verurteilten bei uns, in Rußland und Italien so, wie es in der a. u. 
angeschlossenen Beilage 7 ersichtlich gemacht ist. 
16, Conrad II 
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