Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

„Euer Exzellenz n i e irrender Geist“ (oder „n i e irrendes 
Gedächtnis“). Ich hatte diesen, mir besonders auffallenden Satz 
mit Farbstift unterstrichen und mit einem Rufzeichen versehen, dabei 
meinem mir das Stück vorlegenden Referenten gegenüber geäußert: 
„Wenn einer meiner Untergebenen mir eine solche Schmeichelei schreiben 
würde, so sperre ich ihn ein.“ Das Stück nahm dann seinen Weg zurück 
ins Ministerium des Äußern, ohne daß meine Farbstiftstriche weggelöscht 
worden wären. 
Diese erregten dortselbst eine Entrüstung, der Graf Ährenthal in 
einem im Juli 1909 an mich gerichteten Schreiben Ausdruck gab, in dem 
er sich gegen die Form verwahrte, in der ich Kritik übe. 
Ich erwiderte hierauf, daß es meine Gewohnheit sei, in einem 
Schriftstück mir besonders auffallende oder bemerkenswerte Stellen mit 
Buntstift zu unterstreichen. Ich würde dies aber bei Akten des Mini¬ 
steriums des Äußern in Hinkunft vermeiden. 
Mich nur auf meine Diensttätigkeit beschränkend, kümmerte ich mich 
grundsätzlich nie darum, was hinter den Kulissen vorging. 
Darüber wurde ich erst durch ein Gespräch aufgeklärt, das ich 
während der Landungsmanöver in Dalmatien (23. bis 25. August 1911) 
mit Seiner Kaiserlichen Hoheit Erzherzog Franz Ferdinand an Bord seiner 
Yacht hatte. 
Der Erzherzog betonte, daß er absolut darauf bestehe, daß die 
(wie er sich ausdrückte) „Clique Schönaich-Ährenthal“ wegkomme. Er 
verbiete mir, meine Demission zu verlangen, weil sie sofort 
angenommen werden würde und er dann bloßgestellt (Seine Kaiserliche 
Hoheit sagte wörtlich „blamiert“) wäre. Er habe die Überzeugung, daß 
die ganze Clique gegen i h n gearbeitet habe, und er werde, wenn er nicht 
Satisfaktion bekomme, nicht nach Deutschland reisen. 
Er erklärte, daß er den „Skandal“, daß sich der Kriegsminister gegen 
den Thronfolger öffentlich in Opposition setzt, in einer monarchischen 
Armee für unmöglich halte, und wenn Baron Schönaich entfernt sei, auch 
dessen Anhang gesprengt werden müsse. 
Er sei weiter der Politik Graf Ährenthals „mit den ewigen Nach¬ 
giebigkeiten und Blamagen, wie jetzt gegenüber Serbien anläßlich des 
unterbliebenen Königsbesuches*), sowie der Einmengungen in militärische 
Dinge überdrüssig und werde dem Schranken setzen.“ 
*) Kaiser Franz Joseph hatte eingewilligt, König Peter von Serbien 
im Frühjahr 1911 in Budapest zu empfangen. Auch waren seitens des 
serbischen Ministers des Äußern Milovanovic alle Vorbereitungen getroffen. 
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