Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

Um diese Zeit spielte ein anderer, an sich geringfügiger Vorfall mit, 
die gespannte Stimmung zu verschärfen. 
Nach den Friedensbestimmungen des Jahres 1866 war es Österreich- 
Ungarn verboten, Kriegsfahrzeuge auf dem Gardasee (wo es bis dahin 
eine Flottille hatte) zu unterhalten, während für Italien diese Beschränkung 
nicht bestand. Auch der ganze Privatschiffsverkehr lag seither in 
italienischen Händen. Als nun ein Antrag einlief, eine österreichische 
Privatschiffahrts-Untemehmung für den Gardasee ins Leben zu rufen, 
stimmte ich dem selbstverständlich bei, auch in der Absicht, daraus mili¬ 
tärische Vorteile zu ziehen. 
Diese Angelegenheit erschien nun in einem Artikel der „Zeit“ behan¬ 
delt, der Graf Ährenthal zu folgendem Schreiben an mich veranlaßte. 
„Wien, am 29. Jänner 1911. 
Hochwohlgeborner Freiherr! 
In dem Morgenblatte der »Zeit« vom 24. d. M. bin ich einem 
Artikel begegnet, der sich mit der Etablierung einer österreichischen 
Schiffahrtsunternehmung auf dem Gardasee beschäftigt und der zu meinem 
großen Befremden von Differenzen zu berichten weiß, die über diese 
Frage zwischen Euer Exzellenz und mir entstanden seien. 
Mir ist von dieser Angelegenheit nur das bekannt, was mir von den 
betreffenden Korrespondenzen des k. k. Handelsministeriums im Einsichts¬ 
wege mitgeteilt worden ist, und ich bin also niemals in der Lage gewesen, 
mich über die Opportunität der Schaffung eines solchen Unternehmens 
auf dem genannten See in meritorischer Beziehung auszusprechen. 
Die Behauptung, daß eine Divergenz in der Beurteilung dieser Frage 
zwischen E. E. und mir bestehe, ist demnach gewiß falsch. Wenn aber 
bei diesem Anlasse in höchst indiskreter Weise aus etwaigen auf anderen 
Gebieten vorkommenden Meinungsverschiedenheiten der Schluß auf einen 
zwischen uns angeblich bestehenden latenten Gegensatz in der Auffassung 
über militärpolitische Angelegenheiten gezogen wird, so kann ich dies nur 
auf das tiefste bedauern. Ich bin sicher, daß auch E. E. es auf das 
schärfste mißbilligen werden, daß streng vertrauliche interne Vorgänge 
in solcher, überdies irreführender Art an die Öffentlichkeit gebracht 
werden. 
Es ist einleuchtend, daß derlei Indiskretionen die übelste Wirkung 
haben können, denn es wird auf das Tempo der italienischen Rüstungen 
gewiß einen beschleunigenden Einfluß ausüben, wenn in der Publizistik 
Darstellungen erscheinen, aus denen entnommen werden kann, daß uns 
schon der gegenwärtige Stand der italienischen Wehrmacht ernste und 
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