Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

halte, daher auf den friedlichen Verlauf der schwebenden Fragen 
geschlossen werden könne, daß Albanien momentan beruhigt sei und es 
hinsichtlich Marokkos zu einem Ausgleich zwischen Frankreich und 
Deutschland kommen dürfte, bei dem jeder Teil sich das Möglichste 
herausschlagen, keiner aber deshalb Krieg führen wird“. 
Wie Rußland sich hiezu stellen dürfte, ist schon gestreift; die Schwere 
seiner inneren Kämpfe (auch in der Duma) erhielt eine traurige Beleuch¬ 
tung durch das Attentat auf Stolypin, dem er am 18. September 
1911 erlag. Auch in Finnland, das allmählich vergewaltigt wurde, 
bestanden dauernde Schwierigkeiten. In der äußeren Politik sprach sich 
durch den Zarenbesuch in Potsdam und durch das persische Abkommen 
wenigstens äußerlich ein gutes Verhältnis zu Deutschland aus. Doch 
war in Rußland stets mit zwei Strömungen zu rechnen, deren eine durch 
Mitglieder des Zarenhofes, deren andere durch die nationalistische, 
panslawistische Partei repräsentiert erschien. Nach beiden dieser 
Richtungen war daher besondere Aufmerksamkeit geboten und Fühlung 
zu nehmen. 
Im nachstehenden, am 14. März 1911 erhaltenen Schreiben schildert 
der neu ernannte k. u. k. Militärattache in Petersburg, Hauptmann Prinz 
Hohenlohe, seine ersten Eindrücke: 
„Euer Exzellenz! 
Als Ergänzung meines ersten Berichtes, Res. Nr. 37 von 1911, möchte 
ich mir erlauben, E. E. in einigen Worten über die Eindrücke zu berichten, 
die ich bei meinem Eintritt in die hiesige Gesellschaft und die offiziellen 
Kreise gewonnen habe. 
Zunächst möchte ich die überaus freundliche Art und das große 
Entgegenkommen hervorheben, das mir von Seite Seiner Exzellenz des 
Herrn Botschafters und der Gräfin Berchtold gleich bei meiner Ankunft 
zuteil wurde, sowie auch die freundliche Unterstützung und sehr 
schätzenswerten Aufklärungen, deren ich von den der k. u. k. Botschaft 
zugeteilten Herren teilhaftig wurde. 
Ich wurde vom Herrn Botschafter gleich am Tage meiner Ankunft 
zum Dejeuner eingeladen, bei welcher Gelegenheit ich alle Mitglieder der 
Botschaft kennen lernte. 
Am Abend desselben Tages hatte ich gleich ein offizielles Diner auf 
der Botschaft, wobei ich mit 30 Personen bekannt wurde. 
Von allen Seiten kam man mir enorm sympathisch entgegen und ist 
die ganz besonders gute und freundschaftliche Erinnerung, die man
	        
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