Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

„Exzellenz von Moltke antwortete mir auf meinen im Aufträge E. E. 
damals geschriebenen Brief: »Dem Herrn, in dessen Aufirag Sie 
geschrieben haben, bitte ich meinen besten Dank zu sagen und ihm Grüße 
von mir auszurichten. Er wird wissen, daß ich dieselben Gesinnungen 
hege wie er und daß ich unbedingtes Vertrauen zu ihm habe.« Wie ich 
übrigens gestern in einer Berliner Zeitung lese, scheint der General¬ 
stabschef doch noch in die Bukowina zur Hirschbrunft abgereist zu sein. 
Wegen Marokko braucht er sich ja nun nicht mehr den Kopf zu zer¬ 
brechen.“ 
Die Verhandlungen Deutschlands und Frankreichs nahmen eben 
einen friedlichen Verlauf, der am 4. November 1911 zum Abschluß 
des Marokko-Vertrages führte. 
Wie schon aus manchen Stellen der früheren Darlegungen hervor¬ 
geht, stand man in Deutschland dem Bundesverhältnisse mit Italien stets 
vertrauensvoll gegenüber, während ich, so oft die Sprache hierauf kam, 
meine gegenteilige Meinung vertrat. Es fehlte denn deutscherseits nicht an 
Versuchen, mich von meiner Meinung abzubringen und mir Beweise für 
Italiens Bundestreue zu bieten. 
Bezeichnend in dieser Hinsicht ist nachfolgender Bericht des k. u. k. 
Militärattaches in Berlin vom 12. Oktober 1911: 
„Euer Exzellenz! 
Nach der Schlußbesprechung am 13. September, als dem letzten 
Tage der Kaisermanöver, geruhten Seine Majestät der Kaiser und König 
mich gelegentlich meiner Abmeldung in ein Gespräch zu ziehen, dessen 
Inhalt ich dem Allerhöchsten Aufträge zufolge nur E. E. 
zur Kenntnis bringen soll. Im nachfolgenden komme ich 
diesem Allerhöchsten Aufträge nach. 
Seine Majestät erzählte mir folgendes: 
»Gelegentlich des Besuches Seiner K. und K. Hoheit des Kronprinzen 
beim König von Italien zur Jagd auf Steinböcke brachte Höchstderselbe 
das Gespräch auf das Gebiet der äußeren Politik, wie er es so gerne tue. 
Dabei stellte Seine K. und K. Hoheit an Seine Majestät den König von 
Italien direkt die Frage, wie sich Italien bei einem Konflikt Deutschlands 
mit Frankreich aus Anlaß der Marokkofrage verhalten hätte und gab 
Höchstseiner Meinung dahin Ausdruck, daß wohl mehr als eine wohl¬ 
wollende Neutralität kaum zu erwarten wäre. Dem widersprach Seine 
Majestät der König von Italien und sagte, daß er den durch die 
Bestimmungen des D r e i b u n d v e r t r a ge s Italien auf¬ 
erlegten Bedingungen bis auf seinen letzten Mann 
gerecht geworden wäre. 
14, Conrad II 
209
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.