Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

In einer Audienz am 18. Juni 1910 meldete ich Seiner Majestät mein 
Eintreffen von der Großen Generalstabsreise, die ich in diesem Jahre im 
Isonzo-Gebiete vorgenommen hatte. Auf Grund der dort gewonnenen 
Eindrücke erneuerte ich mein Verlangen auf Verlegung von Kavallerie 
nach Krain und eines Infanterieregimentes nach Tolmein, S. Lucia, auf den 
Bau der Bahn S. Lucia—Karfreit (Caporetto) und Schutz der Küsten¬ 
strecke (Duino, Triest, Panzano) durch Küstenbatterien. Weiter befür¬ 
wortete ich die Umwandlung des Landwehr-Infanterieregimentes Nr. 27 
(Laibach) in eine Gebirgstruppenfcrmation. Auch in dieser Audienz kam 
ich wieder auf die feindseligen Machenschaften Italiens zu sprechen, so 
auf das Kreuzen italienischer Torpedoboote an unserer, speziell auch der 
dalmatinischen Küste bei Nacht zu Erkundungszwecken, die zunehmende 
Belästigung von in Italien ganz privat reisenden k. u. k. Offizieren, deren 
Durchsuchung auf den Gardasee-Dampfern, auf die Belästigung unseres 
Marineattaches in Rom, auf die Triester Hochverratsaffäre Deperis, auf 
den Umstand, daß österreichische Italiener in reichsitalienischen Freikorps 
dienen, auf das tendenziöse italienische Volksschul-Lesebuch Trento- 
Trieste, auf die italienische Rücksichtslosigkeit gegen das slowenische 
Element in Venetien. Ich fügte bei, daß es endlich an der Zeit wäre, 
Reziprozität zu üben, die italienischen Finanzposten aus unserem Gebiet 
zu entfernen, in der Triester Universitätsfrage, die nur die Schaffung eines 
irredentistischen Zentrums zum Ziel hat, konsequent zu bleiben, in Parla¬ 
ment und Presse die Dinge mit dem wahren Namen zu nennen und in 
der äußeren Politik voraussichtiger und würdiger aufzutreten. 
Während ich derart bemüht war, auf die von Seite Italiens unver¬ 
kennbar drohende Gefahr aufmerksam zu machen und davor zu warnen, 
setzte Graf Ährenthal sein Werben um Italiens Gunst und Treue fort, 
insbesondere bei seinen Verhandlungen mit dem neuemannten italienischen 
Außenminister San Giuliano. Dies gedieh so weit, daß im Sommer 1910 
ohne meine Kenntnis der Kriegsminister Baren Schönaich den Entwurf 
eines Vertrages mit Italien verfaßte, der die Beschränkung der beider¬ 
seitigen Befestigungsbauten und Kriegsrüstungen in Tirol zum Ziele hatte. 
Ganz abgesehen davon, daß Österreich-Ungarn hinsichtlich der Befesti¬ 
gungen und Kriegsvorbereitungen in Tirol weit im Rückstand war, sich 
also durch eine solche Bindung in Nachteil gesetzt hätte, war nach allem, 
was Italien bisher tat, ein Zweifel in die Loyalität Italiens hinsichtlich 
Einhaltung eines solchen Vertrages wohl naheliegend. 
Was aus diesem Vertragsentwurf, von dem ich erst weit später hörte, 
geworden ist, weiß ich nicht. 
In einer Audienz in Ischl am 29. Juli 1910, gelegentlich Betonung 
der Dringlichkeit des Ausbaues unserer Wehrmacht, hob ich die Wehr¬ 
2, Conrad II 
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