Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

weisend: »Herr General sind wohl der meistbeschäftigte Mann im 
Ministerium?« »Ja, wir arbeiten fort für den Krieg und es kommt nicht 
dazu,« antwortete er. »Wie schade,« bemerkte ich scherzhaft, worauf 
er lachend erwiderte: »Nicht wahr? es ist wirklich schade!« Wiewohl 
das ganze Gespräch einen scherzhaften Charakter trug, glaube ich doch 
mehr Emst dahinter zu verspüren, als wir beide der Sache an Anschein 
geben wollten. 
Was die Kampfbereitschaft der Flotte zur Zeit der Krise anbelangt, 
so läßt sich aus dem Wust an Enthüllungen und Richtigstellungen mit 
einiger Sicherheit entnehmen, daß 
a) die englische Home Fleet*) tatsächlich auf drei weitentfemten Punkten 
verteilt war und wenn man auch beschönigend anführt, daß die 
zwei Dreadnoughtdivisionen verhältnismäßig nahe zu einander an 
der Ostküste Schottlands lagen, so wird anderseits doch zugegeben, 
daß zur selben Zeit die dritte Division in den irischen Gewässern 
sich aufhielt; ferner daß 
b) man doch die deutsche Hochseeflotte plötzlich außer Sicht bekam 
und ihren Überfall befürchtete; denn warum hätten sonst die Schlacht¬ 
schiffe ihre Torpedonetze ausgelegt, was trotz aller sonstigen 
Dementis als Tatsache angeführt wird? 
Daß etwas nicht in Ordnung war — sei es in der Bereitschaft der 
Flotte selbst, sei es im Weigern der Admiralität zur Kooperation mit der 
Landarmee — ist aus der Tatsache zu entnehmen, daß die Stelle des 
früheren Marineministers plötzlich durch Winston Churchill, dem bis¬ 
herigen Minister fürs Innere, besetzt wurde, dem die Faberschen 
Enthüllungen nachsagen, daß er nebst Lloyd George der eifrigste Für¬ 
sprecher der Kooperation mit Frankreich im Kabinett war. 
Aus der Marokkokrise will man übrigens von mancher Seite die 
Notwendigkeit zur Verstärkung der Armee, ja selbst zur allgemeinen 
Wehrpflicht ableiten. Man beruft sich darauf, daß Frankreich selbst mit 
Unterstützung Englands in einem Kriege gegen Deutschland unterlegen 
wäre, und da auf eine tatkräftige Unterstützung Rußlands nicht zu 
rechnen sei, Frankreich schließlich zur Erkenntnis kommen müsse, daß 
alle Opfer nutzlos sind, um gegen Deutschlands Übermacht sich zu 
wehren. Es bliebe demnach Frankreich nichts anderes übrig, als die 
Entente mit England aufzugeben und sich ins Schlepptau deutscher 
Politik nehmen zu lassen. Schließlich wäre dann Englands Kolonial¬ 
macht durch Deutschlands uneingeschränkte Präponderanz gefährdet; es 
*) Heimatflotte. 
204
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.