Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

„Präs. 31710. 1911. 
Geh. Nr. 56/1911. 
K o n st a n t in o pel, am 26. Oktober 1911. 
Euer Exzellenz! 
Im Nachhange zu meiner telegraphischen Meldung Res. Nr. 321 
vom 24. d. M. berichte ich über die neue Vermittlungsaktion des Grafen 
Ährenthal folgendes: 
Die von Deutschland und von uns unternommene Mediation kann 
nunmehr als vollkommen gescheitert betrachtet werden. Einerseits ist 
der Gegensatz zwischen den Standpunkten der italienischen und osmani- 
schen Regierung vorläufig unüberbrückbar; denn Rom will die Annexion 
von Tripolis pure et simple, während die Pforte entschlossen ist, die 
Souveränität des Sultans nicht aufzugeben. Überdies unterlassen die 
Mächte der Tripleentente nichts, um die Türkei im Sinne eines ent¬ 
schiedenen Widerstandes gegen Italien zu beeinflussen und hiedurch die 
deutschösterreichische Mediation zu vereiteln. 
Unter diesen Umständen hat sich Graf Ährenthal entschlossen, einen 
gemeinsamen Schritt aller Mächte zur Herstellung des Friedens zu 
inszenieren. Es werden jetzt alle Mächte über ihre Ansicht betreffs einer 
für die Türkei und lialien annehmbaren Basis für die Friedensverhand¬ 
lungen sondiert. Auf Grund des so erzielten Einvernehmens soll dann 
eine gemeinsame Aktion aller Mächte in Rom und Konstantinopel unter¬ 
nommen werden. Auf diese Weise hofft Graf Ährenthal speziell die 
Mächte der Tripleentente zu zwingen, Farbe zu bekennen und deren 
geheimen Intriguen die Spitze abzubrechen. 
Über die Antworten der verschiedenen Mächte ist hierorts bisher 
noch nichts bekannt. 
Genehmigen E. E. den Ausdruck meiner tiefsten Ehrfurcht 
Pomiankowski, Oberst.“ 
Die schon erwähnten Erfolge der Türken in Tripolis genügten, um 
einen raschen Stimmungswechsel in der Türkei herbeizuiühren. Ihn 
charakterisiert nachfolgende Stelle eines am 11. November eingelangten 
Berichtes unseres rührigen Militärattaches in Konstantinopel: 
„Die pessimistischen Befürchtungen zu Beginn des Krieges haben 
sich nun sämtlich als unbegründet erwiesen. Die Ruhe, Besonnenheit und 
korrekte, würdige Haltung des Reiches haben allenthalben imponiert und 
der Türkei die Sympathien der ganzen zivilisierten Welt erobert. Der 
Großvezir Said Pascha, welcher sich trotz seines hohen Alters und seiner 
Gebrechlichkeit als bedeutender Staatsmann erwiesen hat, erhielt von der 
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