Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

Nunmehr erscheint die weitere Gefahr gekommen, daß bei den 
Wehrgesetzverhandlungen auch noch hinsichtlich der personellen Mittel 
durch schrankenlose Nachgiebigkeit hinsichtlich Befreiungen, Einjährig- 
Freiwilligenrecht, Reduktion der Waffenübungen und dergleichen Ver¬ 
hältnisse geschaffen werden, welche den so schreiend dringlich gewor¬ 
denen Ausbau des Heeres gänzlich in Frage stellen. 
Wenn derart an Geist, finanziellen und personellen Mitteln weiter 
gesündigt wird, besteht die Gefahr, daß die Monarchie hinsichtlich der 
militärischen Macht und Schlagfertigkeit von ihren Gegnern weit über¬ 
holt und Katastrophen zugetrieben wird. 
Wenn ich auch die abgeschmackte Weise, mit welcher die 
cisleithanische Presse den Ministerpräsidenten, der sich doch den 
finanziellen Forderungen für das Heer so schroff entgegengestellt hatte, 
trotzdem als Anwalt der Armee feiert, weil er statt des Kriegsministers 
in der Sprachenfrage im Militärstrafprozeß die deutsche Sprache ver¬ 
trat, nur albern finden kann, so ist es doch ein Symptom der Lage, daß 
man in der Publizistik dem Vertreter des Heeres ein Versäumnis hin¬ 
sichtlich der Sorge für das letztere vorwirft. 
Es ist meine Überzeugung, daß hinsichtlich der personellen und 
hinsichtlich der finanziellen Notwendigkeiten die Interessen der 
bewaffneten Macht nicht jene energische Vertretung finden, bezw. 
gefunden haben, wie sie von den militärischen Faktoren zu gewärtigen 
waren. 
Es ist auch meine Überzeugung, daß seitens der nichtmilitärischen 
Faktoren die dringende Notwendigkeit der raschesten Ausgestaltung 
des Heeres nicht mit jener staatsmännischen Voraussicht erkannt und 
in Rücksicht gezogen wurde, wie dies die Lage erheischt. 
Es war meine Absicht, Seiner Majestät a. u. in diesem Sinne zu 
berichten und Seine Majestät a. u. zu bitten, auf die maßgebenden 
Faktoren nachdrücklichst Einfluß nehmen zu wollen, damit sie noch in 
elfter Stunde Einkehr halten und der Armee geben, was sie dringend 
braucht. 
Genehmigen E. E. den Ausdruck meiner ganz besonderen Hoch¬ 
achtung, Eurer Exzellenz gehorsamster 
Conrad, G. d. I.“ 
Die am 9. Mai 1911 erhaltene Antwort auf diesen Brief lautete: 
„Gödöllö, 8. Mai 1911. 
Hochverehrter Freund! 
Mit angelegentlichem Danke bestätige ich den Empfang Deines 
sehr geschätzten Schreibens vom 7. d. Mts., dessen so ernster Inhalt 
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