Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

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Potsdam den Schein einer freundlichen Annäherung. An den großen 
latenten politischen Gegensätzen änderte dies nichts. Fürstenbesuche sind 
oft nur Akte höfischer Konvenienz, oft gelten sie wirklich intimen 
Anknüpfungen, oft aber verschleiern sie nur feindliche Absichten. Anfangs 
Oktober 1910 wurde beispielsweise das belgische Königspaar in glänzen¬ 
der Weise in Wien empfangen, während doch die gegen Deutschland und 
dessen Verbündeten gerichteten Abmachungen zwischen Belgien und 
England als längst gediehen zu vermuten waren. 
Der gemeinsamen Gefahr gegenüber lag die Pflege des festen 
Zusammenstehens mit Deutschland nahe; ich beantwortete ein in diesem 
Sinne gehaltenes Schreiben des Generals von Moltke, wie folgt: 
„Wien, 2. Jänner 1910. 
Euer Exzellenz! 
Ich möchte nicht den Vorwurf auf mich laden, E. E. mit Korrespon¬ 
denz zu belästigen, doch kann ich nicht umhin, E. E. für die jüngst 
erhaltenen, so freundschaftsvollen Zeilen meinen aufrichtigsten Dank zu 
übersenden. Auch ich bin von der Anschauung durchdrungen, daß in 
einem festen Zusammenhalten der beiden Kaiserreiche der sicherste Schutz 
gegen feindliche Anschläge gelegen ist und daß dieses Zusammenhalten 
auf freundschaftsvoller Treue basiert sein muß. E. E. Worte haben daher 
bei mir den tiefsten Widerhall gefunden. Wie hohen Wert ich daher 
auch aus diesem Grunde den kameradschaftlichen Gesinnungen E. E. 
beimesse, werden Sie mir gewiß gerne glauben. 
Mit diesem warmen Empfinden meinerseits bitte ich E. E. die herz¬ 
lichsten Grüße entgegenzunehmen von E. E. 
aufrichtig ergebenem C o n r a d.“ 
Im Jänner 1910 sandte ich meinen Flügeladjutanten Hauptmann Putz 
als Kurier nach Berlin, wo er die alljährlich wiederkehrenden Arbeiten 
zu übergeben und bei General von Moltke vorzusprechen hatte, um über 
einige die allgemeine Lage betreffende Fragen die deutschen Anschau¬ 
ungen einzuholen. Nach den Aufzeichnungen des genannten Offiziers 
bezeichnete General von Moltke es als fraglich, ob für die Haltung 
Rumäniens persönliche oder politische Gründe vorwalten werden. Mit 
Rücksicht auf die Gefahr eines Balkanbundes sei er gleichfalls der Ansicht, 
daß der Balkan den Ausgangspunkt kriegerischer Verwicklungen bilden 
werde, wobei nur in Frage kommen wird, ob Rußland oder England 
damit beginne. 
General von Moltke hob Deutschlands großes Interesse an der Türkei 
hervor und die Bedeutung des mohammedanischen Elementes, insbesondere 
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