Volltext: 1910 - 1912 (Zweiter Band / 1922)

wendet werden. Dieser Ausweg ist aber höchst bedenklich Er ist ein 
zweischneidiges Schwert, denn er verzögert eventuell das neue Wehr¬ 
gesetz. Damit blieben die elenden Standesverhältnisse fortbestehen und 
die Unmöglichkeit, die dringenden Neuformaüonen zu bewirken, als: 
Festungsartillerie, Eisenbahnregiment, Telegraphenregiment, Gebirgs¬ 
artillerie, schwere Haubitzdivisionen, Landwehrartillerie. 
Unter Umständen könnte sich sogar die Gefahr ergeben, die von 
den Delegationen schon in Aussicht gestellten, wenn auch unzureichen¬ 
den Mittel künftig gar nicht zu erhalten. 
III. Ein dritter Ausweg wäre eine Umgruppierung inner¬ 
halb der bewilligten Budgets, bei Ausschaltung momentan 
minder dringlicher Schaffungen und Konzentrierung auf das Wichtigste. 
IV. Die rationellste Lösung wäre die Anforderung eines außer¬ 
ordentlichen Rüstungskredites bei offener Einbekennung der Lage. 
V. Endlich könnte die Schaffung eines fait accompli in Betracht 
kommen, wie es der Marinekommandant getan hat. 
Eine Sache, die unbedingt notwendig erscheint, ist: jetzt schon 
alles anzubahnen für die Zeit nach 1915, also klarzulegen, was man 
brauchen wird 
Die Monarchie hat in der Regel die Bedürfnisse ihrer Wehrmacht 
immer erst nach einem verlorenen Feldzug befriedigt, so 1859 hinsicht¬ 
lich der Geschütze, 1865 hinsichtlich der Gewehre; man sollte doch 
daraus lernen und einmal die Mittel, welche die Grundbedingungen des 
Erfolges bilden, vorher geben.“ 
Schließlich las ich einige Stellen aus den Memoiren des russischen 
Generals Kuropatkin über dessen Amtsführung als Kriegsminister (1898 
bis 1904) vor, um das von ihm bekämpfte, schlecht angebrachte Spar¬ 
system jener Zeit in Rußland und die dort herrschenden Verhältnisse zu 
charakterisieren. Ich bat aber vorher, mich zu unterbrechen, sobald es 
der vorgeschrittenen Zeit wegen notwendig sein würde, meine Aus¬ 
führungen zu beenden. 
Als ich nach einiger Zeit von Exzellenz Graf Ährenthal gebeten 
wurde, abzubrechen, hob ich zum Schlüsse hervor, daß es in Rußland 
— nach einer 25-jährigen Anwendung dieses Sparsystemes — 1904 zum 
Krieg mit Japan kam, und dieser Krieg dann durchschnittlich 170 Mil¬ 
lionen Kronen monatlich, über 100 000 Menschenleben, die ganze Flotte, 
das Prestige Rußlands etc. kostete und die russische Staatsschuld um 
5500 Millionen Kronen wachsen ließ. 
Auf die Bemerkung Exzellenz Ährenthals, daß die Russen nicht nur 
wegen ihres Sparsystemes, sondern auch wegen der Art der Krieg¬ 
führung den Krieg verloren haben und daß die Japaner weniger Geld 
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