Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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wissen wir nicht bestimmt; doch ist es sehr wahrscheinlich, daß er seine neu 
eroberten Länder kennen lernen wollte, indem er sonst alle Provinzen zu besuchen 
pflegte 1). Römische Burgen und größere Städte oder Kolonieen waren aber 
damals wohl nicht in unserem Lande, Plinius und Ptolemäus erwähnen mehrere 
dergleichen in Pannonien und im übrigen Norikum, aber nicht in unseren Ge¬ 
genden. Hier waren sie auch noch nicht nothwendig; denn die Bewohner Nori- 
kums überhaupt, wie unseres Landes, waren von einem friedlichen Charakters, 
bei allen Rebellionen benachbarter Völker, bei den späteren Einbrüchen der 
Markomannen und Quaden gegen Italien hin, waren immer die Noriker den 
Römern treu und schlossen sich nicht an ihre Feinde an. Gegen sie waren solche 
feste Zwingplätze überflüssig und gegen die nahen Markomannen wenigstens an¬ 
fangs nicht nöthig, bis gegen die Zeiten Marc-Aurels hin. Marbod hatte län¬ 
gere Zeit in Rom am Hofe Augusts gelebt und war von ihm mit Auszeichnung 
behandelt worden, Friede herrschte auch zwischen Beiden, als Jener im Lande der 
Markomannen die Herrschaft sich errungen, und römische Kaufleute zogen zu 
ihm wegen Handel und Verkehr. Doch später machte ihn seine immer anwach¬ 
sende Macht stolzer und übermüthiger, er nahm viele römische Flüchtlinge oder 
Abgefallene schützend auf, die feindlich gesinnten Völker setzten auf ihn ihre Hoff¬ 
nung, und so wie seinen Nachbarn erschien er auch dem Kaiser August immer 
gefährlicher 3), besonders wegen der Nähe der oft rebellischen Pannonier. Mar- 
bods Kriegsheer war für sein Land viel zu groß und deutete ebenfalls auf neue 
Eroberungen von. seiner Seite hin4). Daher beschloß auch Kaiser August seine 
Macht zu brechen, bevor sie noch größer und gefährlicher würde. Zu diesem 
Zwecke rückte der römische Statthalter Sentius Saturninus im J. sechs v. Ch. 
von Westen her durch das Land der Karten und Hermunduren gegen den Fluß 
Nab, in der Nähe des herzynischen Waldes; Tiberius aber, welcher zu Car¬ 
nuntum seine Legionen sammelte, rückte herauf an den Ufern der Donau5), 
über die Enns und durch unsere Gegenden vorwärts zu dem Vereinigungspunkre mit 
Saturninus, wahrscheinlich zwischen Bojodurum uud dem heutigen Regensburg; 
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1) Suetonius in Augusto n. 47. Non est opinor provincia, quam non adierit. 
2) Strabo üb. IV. c. 6 sagt: Es sind jetzt schon beinahe 33 Jahre, daß die Noriker (seit 
der Eroberung ihres Landes) in Ruhe leben und ihre Abgaben ordentlich bezahlen. 
3) Vellejus Paterculus 1. II. c. 109. Eratque etiam eo timendus, quod quum Germaniam ad 
laevam et in fronte, Pannoniam ad dextram, a tergo sedium suarum haberet Noricos, tanquam in 
omnes semper venturus, ab omnibus timebatur. 
4) L. c. c. 109. Exercitum, quem septuaginta millium peditum , quatuor equitum fecerat, 
adsiduis adversus finitimos bellis exercendo, majori, quam quod habebat, operi praeparabat, 
5) L. c. c. 109. Sentio Saturnino mandatum , ut per Cattos , excisis continentibus Hercy¬ 
niae silvis, legiones Bojohaemuin, id regioni, quam incolebat Maroboduus, nomen est, du¬ 
ceret; ipse (Tiberius) a Carnunto, qui locus Norici regni proximus ab hac parte erat, exercitum, 
qui in Illyrico merebat, ducere in Marcomannos orsus est.
	        
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