Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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Königs, und wandte bald auch seine Kräfte gegen die benachbarten Völker, be¬ 
sonders im Norden und Osten von Böhmen. Strabo nennt als seiner Herrschaft 
unterworfene Nationen: Luier (Lugier in Oberschlesien), Zumier, Buto¬ 
ne n, S i b i n e r, S e m n o n e n und M u g i l o n e n; doch diese Namen sind größ- 
tentheils unbekannt und wahrscheinlich sehr entstellt1). Nach Tacitus waren 
auch die Longobarden ihm unterthänig2); jedoch die Hermunduren blieben frei, 
geschützt von den Römern, waren mit ihnen im friedlichen Verkehre und erhoben 
sich bald zu einer bedeutenden Macht; die N a r i s k e r (in der Oberpfalz) 
waren aber den Markomannen einige Zeit unterworfen. Diese wohnten 
auch untermischt mit den Bojern, von denen doch gewiß viele im Lande blieben; 
sie nahmen manche ihrer Sitten an und verschmolzen so nach und nach zu Einem 
Volke. Es behielt das Land noch lange den Namen B ojo hem um (Bojer- 
heimat)3), und er ist eigentlich noch in der Benennung Böhmens vorhanden. 
Es gibt sogar Gelehrte, welche zu behaupten suchen, zahlreiche Bojer hätten nach 
dem Untergange ihres Reiches noch lange fort von Passau bis an den Manhards- 
berg hinab am linken Ufer der Donau (also auch im jetzigen Mühlkreise) gewohnt 
und berufen sich dabei auf Ptolemäus, der von dem großen Volke der Baimen 
spricht, welches unterhalb des Lunawaldes wohnt4). Dieses Luna soll 
nun der Manhardsberg seyn, die Baimen aber Bojer; allein der Luna¬ 
wald des Ptolemäus ist kein anderer als der große Preßburgerwald, der west¬ 
liche karpathische Waldzug, der die Marchebene begränzt, welches Zeuß mit 
guten Gründen erwiesen hat5). Nun, unter demselben erst sind die Baimen 
bis zur Donau, sie wohnten also im jetzigen Wag- und Gran-Lande; sie sind 
keine Bojer, und auf alle Fälle nicht Bojer, welche vor den Markomannen 
und Quaden gegen die Donau zu, am linken Ufer derselben, ansässig waren; 
ein großes Volk hatte da nimmermehr Platz; auch wird nie in den klassischen 
Schriftstellern ein Volk der Bojer in diesen Gegenden mehr erwähnt, selbst nicht 
in den Berichten über die Ereignisse mit Marbod, Katualda, über das Reich des 
Vannius und den großen markomannischen Krieg6). 
Zeuß erklärt den Namen Baimen vom altnordischen Baimar, Krie¬ 
ger, kriegerische Umgebung, und hält dieselben für das bedeutende Gefolge 
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1) Strabo 1. VII. c. 1. Vellejus Patereulus II. 109. Finítimos omnes aut bello domult aut 
eonditionibus juris sui fecit. 
2) Tacit. annal. II. 45. 
3) Tacit. germ. c. 42. Manet adhuc Boiemi nomen, quamvis mutatis cultoribus, 
4) Vorzüglich behauptet es Büchner in seiner baierischen Geschichte I. 43, 44, und seiner 
Abhandlung: Ueber die Einwohner Deutschlands im zweiten Jahrhunderte der christlichen Zeit¬ 
rechnung, besonders über Sachsen und Baiern, nach Ptolemäus, 1839, 
5) Ueber die Herkunft der Markomannen, S. 39 - 47, 
6) Seuß I. c. S. 40.
	        
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