Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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Von den klassischen Schriftstellern der Römer macht der einzige Ammianus 
Marcellinus von Lauriacum Erwähnung bei Gelegenheit als Kaiser Gratian von 
Rhätien nach Illyrikum gegen die Barbaren eilte; da kam er nämlich im 
J. 377 auch in jene Stadt und von dort zog er zu Schiffe weiter hinab 1). 
Was nun die genauere Lage und den Umfang des alten Lauriacum betrifft, 
so geht Beides schon größtentheils aus dem bisher Eingeführten hervor. Es lag 
in der großen Ebene, nahe der jetzigen Stadt Enns, an der Donau und am 
linken Ufer des Flusses Enns bis zum Aichberge hin; in der Nähe des jetzigen 
Enghagen, wo noch eine Schiffswerfte sich befindet, da, wo noch das Dorf Lorch 
und die Kirche St. Laurenz steht, wo einst Spuren von Gräben und Mauern, 
einer alten Straße aus Stein entdeckt und die meisten Gegenstände ausgegra- 
ben wurden. Ob der jetzige Dirnberg außerhalb des Schlosses Ennseck und der 
Berg selbst, worauf dieses und die Stadt Enns liegen, zum Bereiche von Lau¬ 
riacum gehörten, kann wohl nicht bestimmt entschieden werden, doch ist es wahr¬ 
scheinlich; denn die herrliche Lage dieses Berges, von dem man in weite Ferne 
blickt und wo eine der schönsten Aussicht en in unserem Lande ist, forderte gewiß 
die Römer auf, eine Burg oder doch die schönsten Villen zu erbauen, und man 
fand auch in dieser Gegend mehrere Denksteine mit Inschriften lind viele Alter¬ 
thümer. Der Aichberg lag wohl außerhalb der Stadt, und die dort ausge¬ 
grabenen Särge aus Stein scheinen daraufhinzudeuten, daß daselbst ein Begräb- 
nißplatz der Bewohner von Lauriacum gewesen ist. Noch genauer den Umfang 
zu bestimmen, ist nicht möglich; denn die Ueberreste der aufgefundenen Mauern 
sind doch zu wenig, um denselben anzugeben. Der alten Sage nach sollte Lau¬ 
riacum freilich bis zum Schicken berge und gegen St. Florian hin gereicht haben, 
allein so groß war es gewiß nicht; die Sagen vergrößern und verschönern so 
gerne, wie dieses auch bei anderen Städten, z. B. Juvavum, der Fall ist. 
Wohl aber zeigen die weit herum in der Umgegend aufgefundenen vielen Mün¬ 
zen und andere Gegenstände bei Christein, Asten und am Schickenberge, daß 
diese Gegend sehr bewohnt und kultivirt gewesen ist. Da mögen die Römer 
manche ländliche Besitzung, manche Villen gehabt haben, die eigentlich alle zur 
Civitas Lauriacum, zum Gemeindewesen derselben, gehörten, ohne daß 
sie deswegen innerhalb der Mauern der eigentlichen Stadt gewesen wären. Doch 
war dieselbe auch nicht unbedeutend; sie war ein wichtiger Waffenplatz, die aus¬ 
gegrabenen Gegenstände, von denen manche kostbar und künstlich gearbeitet sind, 
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1) Ammiani Marcellini, quae supersunt, Lipsiae 1808. In libraria Weidmanniana. T. I. 
Hb, 31, c. 10. Dispositis igitur, quae pro temporum captu per Gallias res rationesque posce¬ 
bant et punito scutario proditore, qui festinare principem ad Illyricum Barbaris indicaras, Gra¬ 
tianus exinde digressus per castra, quibus Felicis arboris (Avbon in Rhätien) nomen est, per 
L a u r i a c u m ad opitulandum oppressae parti porrectis itineribus ire tendebat,
	        
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