Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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größere Dichtungen, Legenden in Versen und heilige Gesänge verschiedenen In¬ 
haltes in lateinischer Sprache wurden im Lande ob der Enns verfaßt. Ein 
Benediktiner zu Mondsee, Namens Luithold, ein gelehrter Mann, besang in 
einem lateinischen Gedichte in Hexametern mit Reimen die Stiftung seines 
Klosters zur Zeit des Abtes Walther zwischen 1148 und 1158 1). Dietmar 
von Aist, von dem wir schon vorher gesprochen haben, der seine Burg am 
Flusse Aist im Machlande besaß, dichtete viele schöne Lieder in deutscher 
Sprache, von denen mehrere sich bis auf unsere Zeit erhalten haben 2). Aber 
noch berühmtere Dichtungen besitzen wir, in denen unsere Gegenden, Burgen 
und Orte besungen werden; von unseren Heldengeschlechtern, den berühmten 
Familien der Vorzeit ist in denselben die Rede, unser Land ist großentheits der 
Schauplatz derselben und daselbst fanden sie auch ihren Ursprung. Eines der 
schönsten Heldengedichte jener, ja aller Zeiten ist das berühmte Lied der Nibe¬ 
lungen, erst im vorigen Jahrhunderte.wieder entdeckt und nun eine Zierde 
der deutschen Literatur. Es besteht aus alten Sagen und Liedern, ist aber groß, 
gedacht und durchgeführt, im herrlichen Plane und in Einheit, frisch und 
lebendig, trefflich in Schilderungen von Lust und Liebe, von Leid, Schmerz und 
Rache, in Darstellungen des Ritterthums, des Untergangs einer Heldenwelt an 
Attila's Hofe. Es entstand in dieser Form wohl im Anfange des dreizehnten 
Jahrhunderts und der Dichter desselben ist höchst wahrscheinlich Hein¬ 
rich von Ofterdingen, ein edler Ritter im Gefolge H. Leopolds VII.; 
in unserem Lande war seine Geburtsstätte, seine Burg stand am westlichen 
Abhange des Kirnberges, wo unweit davon eine Straße von Ebelsberg nach 
Alkoven sich hinzieht und noch ein Ort sich befindet, Oftering genannt, als 
Ofterigon schon im siebenten Jahrhunderte in der Geschichte erwähnt3). 
Diesem Heinrich von Ofterdingen wird in einer alten Handschrift auch das 
liebliche Gedicht Luarin (Laurin) oder der kleine Rosengarten zugeschrieben, 
und so manche innere Gründe sprechen für ihn. Es ist die berühmte Burg zu 
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1) Chron. lunaelac. pag. 128 etc. Der Herausgeber der Chronik nennt es ein syngramma 
historico - metricum, und führt es ganz an. 
2) In dem Manessischen Codex. — Stütz, über Dietmar von Aist, im Musealblatte von 
Linz, 18-0 Nr. I., wo auch zwei Gesänge angeführt sind. 
3) August Wilhelm Schlegel im deutschen Museum, Juliheft 1812 S. 16 - 22, und dann 
van der Hagen haben Oesterreich als das Vaterland des Nibelungenliedes und Heinrich von 
Ofterdingen als den Verfasser vermuthet; doch weitläufiger handelt hierüber Anton Ritter 
von Spaun in seinem kleinen Werke: Heinrich von Ofterdingen und das Nibelungenlied, Linz, 
bei Quirin Haslinger, 18-0. Er sucht jene Vermuthung auf verschiedene Weise zu begrün¬ 
den, — zur Gewißheit hat er es nicht gebracht, dies ist kaum möglich; doch sind gründ¬ 
liche Widerlegungen seiner Behauptung noch nicht erschienen und das bloße vornehme 
kurze Absprachen Einiger ist wahrlich noch kein Beweis dagegen,
	        
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