Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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und lehrreich für die Sprache, Sitten und Gebräuche jener Zeiten; doch ihr 
dichterischer Werth ist verschieden und das Urtheil darüber wird oft vom Kunst¬ 
sinne und Kenntniß, aber auch von Vorliebe und Vorurtheien bestimmt. Was 
Oesterreich betrifft, so fehlte es hier, wenigstens zur Zeit der Babenberger, 
an Dichtern und an Sängern nicht, es stand keinem anderen Lande nach. 
An ihrem Hofe, besonders zur Zeit H. Friedrichs I. und Leopolds VII., herrsch¬ 
ten Pracht und Frohsinn, ritterliche Spiele, Musik, Gesang und Tanz. Die 
Dichter, meistens Sänger zugleich, standen in hoher Achtung, waren überall 
willkommen, verherrlichten die Feste mit ihren Gesängen, sangen die Thaten 
deutscher Helden der Vorzeit und der Gegenwart, und die herrlichen Eigen¬ 
schaften der Fürsten Oesterreichs. In diesem Lande lernten Andere dichten und 
singen 1), und es war nicht Nachahmung fremder Dichter und ihrer Weisen, 
sondern vielmehr Entfernung von dem Schwulste der Meistersänger; die Natur, 
Kämpfe und Schlachten, die Liebe, heimathliche Freuden waren die Gegenstände 
der Dichtungen, gewöhnlich in kurzen Strophen und in einfachen lieblichen Me¬ 
lodien vorgetragen, erwärmten sie das Herz, belebten den Muth und erweckten 
die Liebe zum Vaterlande. Aber nicht blos in dem gewöhnlichen Aufenthalte 
der Fürsten Oesterreichs blühten Dichtkunst und Gesang, oft verweilten sie auch 
auf ihren Burgen im Lande ob der Enns, besonders auf der schönen Steier- 
burg, mit großem Gefolge; dahin zogen dann die Ritter und die Sänger und 
ein ähnliches frohes Leben herrschte auf denselben. Nicht minder erschollen Ge¬ 
sänge auf dem Lande, es entstanden Volksdichtungen in heiterer, froher Laune, 
oft auch in gutmüthiger Ironie, in Schimpf und Herausforderungen aus dem 
Stegereif, oder ernster, in lieblichen Strophen die Berge, Thäler und Blumen 
preisend. Eigene Melodien erschollen, gemäß dem Gegenstände, bald einfach 
und fröhlich, bald wehmüthig und düster, aber hell und großartig auf den 
Alpen in gurgelnden Tönen, wie sie noch auf unseren Bergen und in den ein¬ 
sameren Thälern der Gebirge, nach alter Vätersitte oft erklingen. Diese Weise 
drang auch nach Hofe vor, die ländlichen Dichtungen und Melodien waren dort 
sehr beliebt und gerne gehört 2). Gesang bei einer Violine oder Zither war oft 
gewöhnlich, und der Tanz bei. Hohen und Niedrigen mit fröhlichen Liedern ver¬ 
bunden und erheitert 3), wie es jetzt noch ist in unserem Lande bei einheimischen 
Volkstänzen, wo solche Ausbrüche harmloser Freude oft genug ertönen. Auch 
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1) So sagt Walther von der Vogelweide In Oesterreich lernte ich singen und sagen, 
Manesse I. 13. — Spaun über Heinrich von Ofterdingen und das Nibelungenlied, Linz, bei 
Quirin Haslinger, 1840 S. 26. 
2) L. c. Manesse, I. 112. — Spaun, S. 26. 
3) So sagt Meister Helmprecht: Einen Tanz sie (die Ritter) banne traten, mit hoffar- 
tigem Gesänge. — Spaun über die Nibelungen, S. 89, 90.
	        
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