Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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Mark- und Gaugrafen, später, von Arnulf I. in Baiern wieder angefangen, 
kamen die ersten wieder an die Tagesordnung; wie diese auf einander folgten 
und welche Regenten im Lande ob der Enns waren, hat die Geschichte dar¬ 
gestellt. Aber ganz andere Verhältnisse derselben bildeten sich zu dem deutschen 
Reiche und dessen Könige. Anfangs waren Herzoge und Markgrafen nur Be¬ 
amte desselben, von ihm abhängig, der ihre Stelle verleihen konnte, wem er 
wollte, oder wen er dazu für tauglich fand, dieselbe war durchaus nicht erblich 
in der Familie, außer durch Gunst oder erneuerte Einsetzung der Könige; aber 
durch eigenthümlichen Besitz in ihrem Amtsbezirke, der durch verschiedene Mittel 
immer größer ward, durch Adelige und Andere, die sich an sie schlossen, und durch 
verschiedene Mittel, auf gerechte und ungerechte Weise, wurden sie immer mäch¬ 
tiger und gewaltiger, ihre Abhängigkeit vom Könige ward geringer und sie setzten 
sich in ihrem Amtsbezirke fest, suchten ihre Würde und ihren Wirkungskreis in 
der Familie erblich zu machen, ihren Bezirk als Eigenthum zu betrachten, die 
darin lebenden Freien als ihre Unterthanen zu behandeln und sich die Rechte 
des Landesherren anzumaßen; Alloden und Lehen wurden als gleich betrachtet 
und vermischten sich unter einander. Dies geschah vorzüglich im deutschen Reiche 
unter K. Heinrich IV. und V., wo alles unter einander im Kampfe war, das 
Faustrecht wild einriß, alle Bande des Gehorsams gegen das Oberhaupt sich 
lösten, wo Gewalt für Recht erging und Jeder that, was er wollte und konnte. 
Die Könige oder Kaiser, von ihren Unterthanen größtentheils verlassen, konnten 
solche Widerspenstige nur selten bändigen und zum Gehorsame zurückführen, oft 
bedurften sie ihrer und mußten ihnen Zugeständnisse machen; so blieb es dann 
längere Zeit, man gewöhnte sich allmätig daran, manches wurde als giltig 
erklärt, und was Umstände und Willkür geschaffen, sogar zum Gesetze erhoben. 
Niemand wagte es mehr, das Bestehende anzugreifen oder das Alte herstellen 
zu wollen. Die alten Namen von Herzogen und Markgrafen, mitunter auch 
das Ceremonielle der Huldigungen und Belehnungen, ein lockerer Verband 
und ein Schein von Unterwürfigkeit gegen das deutsche Oberhaupt blieben; 
aber das Wesentliche war ganz verändert. Was einst ein Amt war, eine Pflicht 
der Verwaltung, wurde nun gleichsam als Lehen verliehen, als Würde betrachtet 
und erblich in den Familien. Die einstigen höheren Ministerialen am Hofe des 
Kaisers hatten nun Selbstständigkeit errungen, waren angesehen, mächtig und 
begütert, bildeten die Reichsstände mit großen Vorzügen und Rechten und 
beschränkten sogar den Monarchen. Doch müssen wir hier bemerken, daß wenig¬ 
stens die Babenberger als Herzoge von Oesterreich sich nicht auf diese Art 
ihr Land und ihre großen Rechte erwarben, sondern auf gesetzliche Weise vom 
Kaiser und von den Reichsfürsten durch das große Privilegium vom J. 1156,
	        
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