Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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loren. So waren aber dann fast nur der Adel und die Vasallen zum Kregs- 
dienste vorhanden, der alte Heerbann löste sich auf, der Sinn für Vaterland 
und Eigenthum, die persönliche Tapferkeit verminderten sich sehr, elende Dienst- 
leute zogen mit ihren Herren in den Kampf, ohne höheren Sinn und Antrieb, 
ohne Begeisterung für Fürst und Vaterland. Der Adel, immer mächtiger gewor¬ 
den, gehorchte auch nicht so leicht, wie einst die Freien, konnte oft nur schwer zur 
Pflicht gebracht werden, betrug sich oft ganz selbstständig und rebellisch gegen 
den Landesherrn, räuberisch und gewaltthätig gegen das Volk. Schon zur Zeit 
K. Karls des Kahlen bestanden Raubburgen, welche ohne seine Erlaubniß ge- 
bauet worden waren und die er zu zerstören befahl. Besonders änderte sich das 
Militärwesen nach dem Aussterben des karolingischen Hauses, als Deutschland 
ein Wahlreich ward und die Hungarn ihre Einfälle machten. Sie kämpften zu 
Pferde auf eigene Weise, in großen Schaaren, bald fliehend und Pfeile absen¬ 
dend, bald wieder angreifend; die gewöhnliche Miliz nun, meistens ungeübtes 
Fußvolk, das schon wider Willen ins Feld zog, reichte gegen dieselbe nicht mehr 
aus, man hatte eine zahlreiche geübte Reiterei nöthig, um ihnen Widerstand zu 
leisten, sie verfolgen zu können und eben so schnelle Bewegungen zu machen. 
Nur der Adel und die Vasallen oder reicheren Güterbesitzer konnten so sich aus¬ 
rüsten und einüben, ihnen war daher auch fast ganz das Kriegswesen überlassen. 
Die anderen blieben gerne zu Hause bei ihren Geschäften und Familien, mußten 
aber dafür Entschädigung zahlen, Heerschilling, später Rüstgeld ge¬ 
nannt. Dies war anfangs erlaubt, dann sogar gesetzlich; so kauften auch viele 
Geistliche ihre Leute und Unterthanen los, und nur sehr selten war ein allge¬ 
meines Aufgebot, wo Alle erscheinen sollten. Allein die Quälereien gegen die¬ 
selben nahmen sehr überhand, immer neue Forderungen wurden gemacht, das 
Rüstgeld auch im Frieden und jährlich als eine gewöhnliche Abgabe eingetrieben, 
und sie waren der Gewalt und Raubsucht der Herren und Vasallen preisgegeben. 
K. Heinrich I. war es übrigens, der wieder einige Kriegszucht einführte und 
zuletzt auch glücklich gegen die Ungarn kämpfte. Gegen Kriegszucht in Belagerungen 
fester Plätze nicht bewandert, wurden nun viele Burgen zum Schutze des Landes 
und zur Zuflucht erbaut, auch Städte mit Gräben und Mauern umgeben ent¬ 
standen und wurden von den Bewohnern selbst vertheidigt — Der Adel und 
die Vasallen zu Pferde kämpfend hießen eigentlich nun Krieger (milites) und 
gewöhnlich Ritter, sie waren es auch bald fast allein, welche die Schlachten 
schlugen und gegen die Feinde kämpften, aber auch gegen einander Fehden oder 
kleine Kriege führten. Diese einzelnen Ritter bildeten sich nach und nach zu einem 
geschlossenen Ganzen, nahmen selbst manche Formen und Regeln von den 
Mönchsorden und Zünften an und so erhob sich im eilften Jahrhunderte der
	        
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