Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

38- 
ats Gottesurtheil fand noch immer Statt, besonders unter den Edlen, und 
auch durch Stellvertreter. In dem Uebergabsvertrage der Steiermark an 
Herzog Leopold VI. im J. 1186 bestimmte zwar Herzog Ottokar VIII., 
daß ein Streit über was immer für ein Geschäft unter den Bewohnern der¬ 
selben nicht durch einen Kämpfer, sondern durch das Zeugniß glaubwürdiger 
Personen entschieden werden sollte, daß es aber auch stets beobachtet wurde, ist 
nicht sehr wahrscheinlich. Das Traurigste bei der ganzen Rechtsverfassung war 
jedoch, daß den Adeligen, Rittern und Herren eine viel zu große Gewalt einge¬ 
räumt war, welche oft in fürchterliche Willkür ausartete, worunter besonders 
der schutzlose gemeine Mann und die Armen sehr litten. 
Die alte Militärverfassung erlitt durch Karl den Großen 
manche Veränderungen und der Dienst ward durch seine immerwährenden Kriege 
äußerst drückend. Wer ein Allodialgut besaß, ein freier Mann war, mußte zur 
Vertheidigung des Vaterlandes ausziehen, aber auch bloße Nutznießer von 
solchen Gütern und Lehensteute waren dazu verpflichtet. Er ließ ein Verzeichnis; 
aller Besitzer von Alloden und Lehen verfertigen; jeder so Bezeichnete sollte zum 
Kriege erscheinen, im Gegentheile aber den schwersten Strafen J. 1) 
(erste Konskription!). Wer auch nur drei Huben hatte, mußte schon dem Heer¬ 
banne folgen, selbst für seine Ausrüstung und für Proviant auf drei Monate 
sorgen. Kleinere Grundbesitzer mußten mitsammen einen tauglichen Mann 
stellen, Niemand bekam eine Löhnung vom Staate. Bischöfe, Aebte und Prie¬ 
ster waren von dem persönlichen Zuzuge frei und Konzilien verboten es auch; 
doch zogen sie öfters in den Krieg und versäumten ihre anderen Pflichten. 
Karl der Große befreite alle Religiösen gänzlich davon, nur Einige gingen mit 
wegen der Seelsorge, aber die Kontingente mußten gestellt werden. Diese all¬ 
gemeine Last war sehr beschwerlich und zugleich schädlich für die Oekonomie, da 
die Aecker nur schlecht bestellt werden konnten und Viele verarmten; daher 
immer Mehrere ihre Güter und ihre persönliche Freiheit opferten und Dienst- 
mannen eines mächtigen Edlen wurden, gegen den und dessen Anmaßungen sich 
die Schwächeren ohnehin nicht vertheidigen konnten. Sie behielten sich die Nutz¬ 
nießung auf Lebenszeit, öfters auch für ihre Familie vor, aber das Eigenthum 
war für immer verloren. So wurden die Freien, zum Kriege tauglichen Gutsbe¬ 
sitzer immer weniger, die Besitzungen gelangten in die Gewalt des Adels oder der 
Geistlichkeit. Dazu kamen auch Verkauf, schändliche Gewaltthaten, unsinnige 
Verordnungen und unerschwingliche Lasten, wodurch Manche ihre Güter ver- 
-------  
1) Kurz. Militärverfaffung Oesterreichs in den älteren Zeiten, Linz, bei Haslinger, 1825, 
S. 108. 
25 *
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.