Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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ihm, werden solche bei allen deutschen Stämmen oftmals angeführt 1). Daß 
es in denselben auch Gotterstatuen gab, ist ohne Zweifel2). Opfer bestanden in 
Thieren verschiedener Art, es wurden Pferde, Rinder, Widder, Bocke, Eber 
dargebracht, männliche von weißer Farbe waren die besten; aber auch Menschen, 
besonders Gefangene, wurden dem Merkur oder Wuotan geopfert3). Man 
bekränzte dabei gerne Götterbilder und die heiligen Bäume. Auch durch gemein¬ 
schaftliches Trinken des Bieres verehrten sie die Götter; so trank man Wodans 
Minne, d. i. die Erinnerung (me-mini) an ihn, den Geliebten, Mächtigen. 
Den Kultus besorgten die Priester und Priesterinnen; sie bildeten einen abge¬ 
sonderten Stand, aber nicht eine solche geschlossene Hierarchie, wie die Druiden 
in Gallien; sie waren nicht so zahlreich und gelangten nie zu dieser Macht und 
Größe im freien Deutschland, wie jene unter den Kelten. In seiner Familie 
war der Hausvater selbst Priester im weiteren Sinne nach uralter Sitte und 
deutete die Loose; aber bei öffentlichen Versammlungen befand sich immer ein 
eigentlicher Priester des Gaues oder der Nation 4); und es gab auch Vorstände 
einzelner Religionsverbindungen5). Ein solcher Priester war Sigmund an der 
Ara der Ubier6); die Burgunder hatten einen Oberpriester, der unverantwortlich 
und unverletzlich für immer war7); gothische Priester werden von Jornandes 
erwähnt 8). Sie mußten alle freie Männer seyn und waren oft von edlen, ja 
den edelsten Geschlechtern; ob sie aber einen erblichen Stand bildeten, ist nicht 
ganz gewiß 9). Zu niedrigen Diensten hatten sie Sklaven. Sie standen den 
heiligen Hainen, Altären und Tempeln vor, wo sie die Siegesdenkmale und Feld¬ 
zeichen aufbewahrten, welche sie auch in die Schlachten mittrugen. Sie waren 
größtentheils weiß gekleidet und hatten die priesterliche Kopfbinde. Ihr Amt 
bestand in Leitung des öffentlichen Gottesdienstes, der feierlichen Umzüge und 
Opfer, in Kenntniß und Deutung der Wahrzeichen, des heiligen Looses, des 
Fluges und der Stimme der Vögel, besonders des Wieherns und Schnaubens 
der weißen heiligen Pferde, als des wichtigsten Orakels. Sie erklärten Alles 
und hatten den Ausspruch in ihrer Gewalt, und deswegen auch großen Einfluß 
bei wichtigen Angelegenheiten des Staates und des Volkes, so wie bei den 
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1) Grimm's deutsche Mythologie, Göttingen 1835, S. 51 u. s. w. 
2) L. c. S. 72 - 74. 
3) Tacit. Germ. 9 und 39. 
4) Tacit. Germ. 10. 
5) L. c. 40, 43. 
6) Tacit. annal. I. 57, 59. 
7) Ammianus Marceli. XXVIII. 5. 
8) C. 11. 
9) Grimm I. c. S. 60 spricht sich dafür a s
	        
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