Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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Helden oder Herzoge, wie einst die Westgothen bei Theodorich's, ihres Königs, 
Tode in der großen catalaunischen Schlacht gegen Attila 1). Diese Gesänge der 
alten Deutschen waren oft auch zugleich in einem historischen Style verfaßt und 
dienten so zur Aufbewahrung der Geschichte anstatt der Annalen, wie dies War- 
nafrieb2) und schon viel früher Tacitus3) sagen. Doch sind ihre Heldenlieder 
keineswegs rein historisch, sondern es fließen in denselben religiöse Mythen und 
Lehren, alte Sagen mit geschichtlichen Personen und Erinnerungen zusammen, 
und so entstanden denn auch die größeren Heldengedichte der Deutschen. — Es 
gab übrigens keine geschlossene Bardenzunft bei ihnen, wie einst bei den Kelten; 
es waren mehr einzelne, die durch dichterischen Geist sich auszeichneten, zugleich 
ihre Dichtung sangen und mit der Cyther oder Harfe begleiteten; auch die Fidel 
erscheint schon in sehr alter Zeit. Sie waren immer hochgeachtet, und noch viel 
später, in der Zeit des Ritterthums, ehrten Dichtung, Gesang und Musik selbst 
den tapfersten Helden, der in denselben bewandert war. Poesie geht immer der 
geregelten Prosa voran; diese, in der deutschen Sprache, wurde wohl zuerst 
von den katholischen Priestern kultivirt; sie mußten in derselben predigen und 
den religiösen Unterricht ertheilen, sie übersetzten manche theologische Abhand¬ 
lung, Kirchenlieder, Gebete oder Ordensregeln und Stücke der heiligen Schrift 
aus dem Lateinischen ins Deutsche. Das älteste bisher bekannte Denkmal deut¬ 
scher, eigentlich gothischer Sprache ist die Bibelübersetzung des Bischofs Ulfilas 
in derselben aus den Jahren 360- 380, von der noch viele Bruchstücke vor¬ 
handen und auch gedruckt sind. Diese gehen uns übrigens hier zunächst nichts 
an; wir wollen aber dafür ein kurzes Beispiel aus der zweiten Hälfte des achten 
Jahrhunderts von der baierischen Mundart darstellen, es ist aus dem 
sogenannten Wessobrunner-Gebet und zwar die letzte Strophe4): 
Cot almahtico, du, himil enti erda chuvorahtos enti du mannun so 
Gott allmächtiger, du Himmel und Erde wirketest, und die Menschen so 
manae eoot forchipi, forgip mir in dino ganada rehta galaupa, enti 
manich gut gabest, gib mir in deiner Gnade rechten Glauben, und 
cotan willeon, wistom enti spahida, enti craft, tiuflun za widerstan- 
guten Willen, Weisheit und Klugheit, und Kraft, Teufeln zu widerste- 
tanne enti arc za pi wisanne, enti dinan willeon za chi wurchanne. 
hen und Arg zu vertreiben und deinen Willen zu ge wirken, 
(verweisen) 
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1) Jornandes de rebus geticis c. 41. 
2) Lib. I. e. 4. Quem ad modum et in priscis eorum carminibus pene historico ritu in com- 
mune recolitur. 
3) Tacitus 2. Celebrant carminibus antiquis (quod unum apud illos memoriae et annalium 
genus est) Tuisconem deum, terra editum et filium Mannum, originem gentis conditoresque, 
4) Rudhart, S. 731.
	        
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