Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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Neben dieser ordentlichen, gewöhnlichen Art der Rechtsentscheidung 
gab es noch eine andere außerordentliche, durch die noch eine alien und 
Zweikampfe. War nämlich ein Rechtsgegenstand zu dunkel, menschliche 
Weisheit zu schwach, das Wahre herauszufinden, waren die Beweise nicht hin- 
reichend und entscheidend und doch die Sache von Wichtigkeit, so appellirte man 
an das Urtheil Gottes, als höchsten Richters und Herrn, der die Wahrheit oder 
Lüge an den Tag bringt, seine Entscheidung auf wunderbare Weise verkündet 
oder seine Hilfe im Kampfe dem verleiht, der die gerechte Sache hat. 
Diese Gottesgerichte, aus dem Heidenthume entsprossen, waren so tief in 
der Ansicht des Volkes gewurzelt, daß sie, nur in mancher Hinsicht verändert, 
auch noch lange genug zur Zeit des Christenthums blieben, ja durch dasselbe ge¬ 
heiligt wurden. Später dienten sie auch als selbstständiges Beweismittel 
und der Angeklagte konnte in bestimmten Fällen gleich nach erfolgter Klage sich 
zu diesen Proben anbieten, oder dazu verhalten werden. Diese Or da lien 
(Urtheile) waren jedoch verschieden; es gab ein Feuerurtheil, wo der Be¬ 
klagte entweder seine bloße Hand ins Feuer hielt, oder nur wenig bekleidet zwi¬ 
schen-zwei nahen brennenden Holzstößen hindurchging, oder über glühendes Eisen 
einherschritt, oder dasselbe in der Hand hielt; blieb er unversehrt, so war er 
unschuldig oder seine Aussage wahr. Ein anderes war das Ordat durch heißes 
oder kaltes Wasser; bei jenen mußte man mit der Hand etwas aus einem 
siedenden Topfe herausnehmen, bei diesem wurde der Angeklagte in kaltes flie¬ 
ßendes Wasser geworfen, blieb er oben, so war er schuldig, ging er unter, so war 
er schuldlos. Diese beiden Gattungen dauerten in Baiern sehr lange, aber man 
kannte wohl auch schon einige Mittel, sich gegen Feuer und heißes Wasser zu 
schützen. Ein späteres Ordale, aus der Zeit des herrschenden Christenthums, 
war das Urtheil beim Kreuze, wo derKläger und Angeklagte während der 
heiligen Messe oder Gebeten zu einem Kreuze geführt wurden und mit ausge¬ 
breiteten Armen stehen mußten; wer sie am längsten in dieser Richtung erhalten 
konnte, war der Sieger. Alle diese Ordalien waren auch für Unfreie, ja bei 
ihnen häufiger, als bei den Freien. 
Das gewöhnlichste und den Deutschen am meisten zusagende Ordal 
war das Gericht durch den Zweikampf (Wehadink, hin- wo eigene 
Kraft und Geschicklichkeit zur Entscheidung beitragen konnten. Die Fälle, wo 
nach baierischen Gesetzen der Zweikampf galt, waren mannigfaltig, besonders 
wenn Jemand nur durch Einen Zeugen beschuldigt wurde, einen Einschlag gegen 
das Leben des Herzogs gemacht zu haben, so mußte er, wenn er es läugnete, 
mit diesem vor allem Volke kämpfen; ferner bei Streit wegen angränzender 
Grundstücke, wo es sich nicht anders entscheiden ließ, mußten beide Theile
	        
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