Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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Urtheilenden, — doch ihres Ausspruches bedurfte es oft nicht, wenn ohnehin 
jene die Sache zur Entscheidung brachten. 
Wurden Grundbesitz oder andere Rechte angestritten, so reichte die vorge¬ 
zeigte und untersuchte Urkunde zum Urtheilsspruche hin. Gab es keine ent¬ 
scheidenden Rechtsbeweise, so konnte der Angeklagte sich durch einen Eid rei- 
nigen oder freimachen. Dabei unterstützten ihn Verwandte und Markgenossen, 
die denselben zum Gerichte begleiteten und selbst schwuren, daß sie in die Aus- 
sage und den Eid des Beklagten volle Zuversicht und Glauben hätten; sie hießen 
und waren daher auch eigentlich Eides helfer, Eidesgehilfen (sacra- 
mentales, coadjutores, conjuratores). Nach Art der Aussage oder Klage, 
nach ihrer Wichtigkeit richtete sich auch die Zahl der Eideshelfer, welche bis auf 
vierundzwanzig steigen konnte; brachte der Angeklagte die bestimmte Zahl nicht 
auf, so war seine Sache verloren; aber auch der Kläger konnte für sich mit 
solchen Helfern auftreten, und brachte er mehrere als der Mindere, so war seine 
Sache gewonnen. Der Eid wurde gewöhnlich auf das Schwert geleistet, sowohl 
zur Zeit des Heidenthums, als auch später noch, wo es geweiht wurde, und 
oben die Figur eines Kreuzes hatte, aber auch auf das Evangelium oder die Re¬ 
liquien der Heiligen. In den gewöhnlichen Rechtsfällen sprach nun der Richter 
das Urtheil aus, die anderen Urtheilenden stimmten meistens überein; aber auch 
die gegenwärtigen Freien stimmten mit und überwachten selbst den Richter; bei 
verschiedenen Ansichten entschied die Mehrheit. Das Urtheil wurde schnell voll¬ 
zogen, besonders gegen Uebelthäter; aber die Todesstrafe wurde in Baiern 
nur in drei Fällen ausgesprochen, wenn nämlich später dem Herzoge nach dem 
Leben gestrebt, Feinde in das Land gelockt oder eine Stadt demselben in die 
Hände spielen wollte 1). Der Gerichtsbote vollzog das Urtheil an dem Verbre¬ 
cher, dessen Vermögen dem Herzoge zufiel; dieser konnte ihn aber auch begnadigen. 
Alle anderen Vergehen konnten mit Geld gesühnt werden, und Gegen¬ 
stände des Vermögens dienten nach altem Herkommen und dem baierischen Ge¬ 
setzbuche zur Ausgleichung. Aber die Sühne und der Ersatz waren sehr verschie¬ 
den, nach Art und Größe des Vergehens an sich und mit Rücksicht auf die ge¬ 
schädigte Person, je nachdem diese eines höheren Ranges, Mitglied der Kirche, 
eine Freie oder Unfreie, eine Frau oder Jungfrau war. Die Festsetzung dieses 
sogenannten Wehrgeldes ist ein Hauptbestandtheil des baierischen Gesetzbuches, 
nach demselben bestimmte der Richter die Strafe. Dabei trat öfters Pfändung 
ein, wenn der Angeklagte nicht bezahlen konnte, ja sogar Verlust der persönlichen 
Freiheit bis zum geleisteten Ersatz. 
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1) Rudhart, S. 479.
	        
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