Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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§. 34. 
 
Sitten und Gebräuche der Deutschen überhaupt, in älterer 
Zeit, als Grundlage späterer Entwicklung. 
 
Ein deutsches Volk waren die Baiern, deutsch war also auch ihre Sprache 
und Lebensweise, ihre bürgerliche und kriegerische Verfassung, und ihre Religion 
war ein Zweig des germanischen Heidenthums, bevor zu ihnen das beseligende 
Licht des Christenthums kam. Das Gemeinsame hatten die Deutschen mit sich 
genommen aus dem alten Vaterhause, dem ersten Lande ihrer Gestaltung zu 
einem Volke in unbekannter Zeit, in die Gegenden ihres späteren Wohnplatzes, 
in ihre neue Heimat im Norden und Osten Europas. Dieses noch viel Einfa¬ 
chere war die Grundlage ihres ganzen Lebens als Volk und blieb es auch, es ist 
das unterscheidende Merkmal desselben im Gegensatze gegen die anderen Na¬ 
tionen. Es gibt jedoch keine einheimischen Quellen oder Denkmale, 
welche uns dieses Leben und Treiben schildern; nur Auswärtige geben uns einige 
Winke darüber, wie Julius Cäsar, welcher, der erste von den Römern, nähere 
Bekanntschaft mit den Germanen machte, aber nicht viel über sie erfuhr, weil 
er nicht weit über den Rhein in Deutschlands Wäldern vordrang. Später, 
unter Kaiser August, lernten sie durch die Kriege mit Arminius oder Hermann 
schon besser die Deutschen kennen, ein größerer Verkehr mit ihnen bildete sich, 
und der mit Recht gefeierte Tacitus ist es, welcher, vertrauter mit deutscher 
Sitte und deutschem Volke, dasselbe zwar auch nur in kurzen Umrissen, doch 
wahr und kräftig, schildert1). Nach ihm sind die Deutschen ein eigenes, unver- 
mischtes Volk, mit anderen kaum vergleichbar; ihre Gestatten sind hoch und 
kräftig, mit trotzigen blauen Augen und goldgelben Haaren, doch sind sie mehr 
stark zum schnellen Angriffe als zur Ausdauer, besonders bei Hitze und Durst. 
Nach Gauen und Zenten wohnen sie, aber nicht in Städten oder Mauern ein¬ 
geschlossen; sie lieben die Freiheit auch in ihren Wohnungen; ihre Hütten sind 
ohne Kunst, aus Hotz, ohne Schönheit und Anmuth, stehen gerne in schattigen 
Wäldern, an Flüssen, Bächen oder heiligen Seen, in frischer, reiner Luft. 
Jeder wohnt in seinem Gehöfte abgesondert von den Hütten anderer Familien, 
ein Raum umgibt dasselbe. Große Gruben graben sie herum, zur Aufbewah- 
rung der Vorräthe während des Winters, zur Sicherung vor Räubern oder 
schnellem Ueberfall. Einfach ist ihre Lebensweise, Gold und Silber haben ihnen 
die Götter versagt, auch an Eisen haben sie keinen Ueberfluß. Nur die an 
den Gränzen Wohnenden bedienen sich des Geldes, tiefer im Lande ist Austausch 
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1) De moribus Germanorum — und auch in einzelnen Stellen seiner Annalen.
	        
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