Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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zu bleiben, da er ohnehin nicht über die baierische Gränze zu den Avaren kommen 
könnte, indem das Land zu beiden Seiten der Enns ganz verödet wäre, 
Städte und Dörfer lägen in Ruinen, das früher so blühende Land wäre eine 
Wüste, die kein Mensch bewohnt, und dieses alles sei durch die Avaren geschehen, 
gegen welche die Baiern durch längere Zeit Krieg geführt hätten 1), Emeran 
blieb nun in Barern, lehrte, vertilgte die eingeschlichenen Irrlehren und Miß- 
bräuche, wurde aber nach drei Jahren, vermöge eines falschen Verdachtes, über¬ 
eilter Weise von Lantpert, dem Sohne des Herzogs Theodo, grausam 
ermordet. Dies geschah nach der Grabschrift auf seinem Mausoleum im J. 652. 
Die große Verwüstung unseres Landes an der Enns muß also noch früher ge¬ 
schehen seyn, wenigstens um 640. Allein dieses scheint mit der Geschichte jener 
Zeit nicht übereinzustimmen; denn damals lebte noch Samo und regierte mäch¬ 
tig und glücklich bis zum Jahre 662, da waren also dieAvaren durch blutige 
Niederlagen sehr geschwächt; in den Gegenden zunächst unserem Lande — einen 
kurzen Strich unterhalb der Enns etwa ausgenommen — wohnten und herrsch¬ 
ten die Slaven, ihre Feinde, wie sollten damals die Avaren, nicht durch einen 
schnellen Ueberfall, sondern durch langwierige Kriege mit den Baiern das Land 
so verwüstet haben? Schon früher hat man über diese Zeitbestimmung der 
Verödung gegründete Zweifel erhoben; Aribo, der die Lebensgeschichte des heil. 
Emeran, und Arnold von Vohburg, welcher dessen Wunder beschrieb, bestimmen 
den Zeitpunkt des Auftretens Emerans nicht und man stützte sich nur ans 
jene oben angeführte Grabschrift; diese ist aber sehr wahrscheinlich erst aus dem 
vierzehnten Jahrhunderte, und aus einer unrichtigen Erklärung der Aussagen 
Arnolds von Vohburg entstanden. Ja, dieser, welcher zwischen 1030 und 1037 
sein Werk schrieb, sagt, daß nun dreihundert Jahre seit Emerans Ermordung 
verflossen seyen, somit kommt man beiläufig auf das Jahr 700, in die Zeit des 
Herzogs Theodo, des Letzten dieses Namens, zurück2). Das Chroniken von 
Kremsmünster aus der Mitte des zwölften Jahrhunderts setzt den Tod Eme-- 
rans auf das Jahr 706 3). Die Verwüstung unsers Landes, welche wahrschein¬ 
lich auch vom Herzoge Theodo übertrieben dargestellt wurde, um den heit. Eme¬ 
ran desto leichter in seinem Lande zu behalten, wird also wohl erst nach Sa- 
mo's Tode eingetreten seyn, als sein großes Reich zerfiel, welches ohne große 
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1) Vita S. Emerani apud Bolland. Tom. VI. Septemb. p. 472. Apud Henricum Canisium 
Tom. III. P. I. p. 95. Koch-Sternfeld's Länderkunde, B. 1. S. 175. Propter discordiarn et longam 
ínter se et Avares bellorum controversiam — fines in utroque limite desertos, ita ut circa Aue- 
sim iluvium urbes et loca, olim cultissima tantis bestiarum immanitatibus horrerent, ne vian- 
tibus ullus transeundi aditus pateret. 
2) Filz, 1. c. S. 27-30. 
3) Adriani Rauch script. rer. aust. Tom. I. p. 157. His temporibus S. Emeranus apud Ra- 
tisbonam martyrio coronatur sub Theodone duce, qui in legenda ejus dicitur Dieto,
	        
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