Volltext: Geschichte des Landes ob der Enns. Erster Band (Erster Band 1846)

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der Völker begann gegen Süden und Westen. Im J. 405 brachen über 
200,000 Mann aus den deutschen Stämmen, worunter auch viele Marko- 
mannen, unter Anführung des Rhadagais, durch Rhätien in Italien ein, 
sie wurden aber von dem geschickten und tapferen Feldherrn Stilicho eingeschlossen 
und fast ganz aufgerieben 1). Andere Stämme, Vandalen, Alanen, Gepiden, 
Sachsen, Pannonier, Markomannen und Quaden versuchten nun ihr Glück auf 
einer anderen Seite, zogen im Anfange des J. 406 an den Rhein hin und fielen 
in Gallien ein, das von den römischen Besatzungen größtentheils entblößt war; 
sie eroberten fast das ganze Land, zerstörten die schönsten Städte und machten 
durch mehrere Jahre ungeheure Verwüstungen 2). Die wenigsten kehrten mehr 
in ihre alten Sitze zurück; Manche, besonders die Vandalen, zogen sogar west¬ 
lich hinab nach Spanien, wovon sie im J. 409 einen großen Theil eroberten. 
Ein gewaltiger Sturm gegen Rom hatte auch schon von einer anderen Seite 
her im J. 400 begonnen; Alarich, Anführer der Westgothen, römischer 
Präses des östlichen Illyrikums, aufgemuntert durch den Minister des oströmi¬ 
schen Reiches, brach Illyrikums, J. 400 von Pannonien durch das mittlere Norikum 
über die julischen Alpen in Italien ein und kämpfte bei Aquileja, doch die Schlacht 
war sehr blutig und er zog sich zurück, um neue Kräfte in den Ländern an der 
unteren Donau zu sammeln. Im J. 403 begann der Zug von Neuem, am 
29. März fiel zu Palentia zwischen Alarich und Stilicho eine große unent¬ 
schiedene Schlacht vor, doch Jener begab sich nochmals zurück. Stilicho suchte 
so gut als möglich Italien zu vertheidigen und zog daher sehr viele römische 
Krieger aus Rhätien und Norikum hinweg, welche Länder nun den Einfällen 
der Barbaren sehr preisgegeben waren. Als Rhadagais gegen Italien rückte, 
sah Alarich, bei Aemona (Laibach) gelagert, ruhig dem Zuge zu; aber im 
J. 408, nachdem Stilicho zu Ravenna getödtet worden war, brach er neuer¬ 
dings gegen Italien los und rückte vor Rom. Er begehrte Geld, Getreide 
und die Provinzen Dalmatien, Venetien und Norikum als Wohnsitze für 
sein Volk, zuletzt jedoch nur das Ufer- und Mitte ln orikum, welches ohnehin 
beständigen Einfällen der Barbaren bloßgestellt sey3); man schlug ihm sein Begeh¬ 
ren ab und er zog mit stürmender Hand im J.409 in Rom ein und ließ es ausplün¬ 
dern; doch bald darnach starb er. Sein Nachfolger Athaulf führte dann 
die Westgothen nach Gallien, wo er im Süden das westgothische Reich grün-, 
dete, welches sich aber nach Spanien hinüber erstreckte. Unsere Gegenden das 
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1) Zosimus V. 26. 
2) Hieronymus in epistola ad Ageruchiam (bei Maskou I. 349). Innumerabiles et fero¬ 
cissimae nationes universas Gallias occuparunt, 
3) Zosipius V, c. 48,— L. VI. 8. 
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