Volltext: Die Deutschen in Ungarn und Siebenbürgen [Band 3]

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Verfall des Deutschthums in Ungarn. 
die Stelle des Großhandels trat der Localverkehr sowie statt der 
in Siebenbürgen und in der Zips betriebenen Großindustrie das 
Kleinhandwerk die deutschen Bürger beschäftigte. Hand in Hand 
mit diesem mercantilen und industriellen Rückschritte gieng auch 
der Verfall des ungarischen Bergbaues der an Ergiebigkeit bedeu 
tend abgenommen hatte. Von jetzt ab entwickelt sich in den 
meisten deutschen Städten ein kleinlicher, spießbürgerlicher 
Geist, der jede Initiative verlor und seinen Beruf nur in leiden 
schaftlichem Festhalten am Bestehenden zu erkennen glaubte. Dieser 
böse Geist einer kurzsichtigen Lebensanschauung verbunden mit der 
zunehmenden Verarmung beschleunigte die innerliche Verkümmerung 
und Verknöcherung deutschen Lebens in Ungarn. Die Sieben 
bürger Sachsen hatten bei all den Leiden, welche Türkennoth, 
Stockung des Handels und Verkehrs und Parteikämpfe mit sich 
brachten, gegenüber ihren Stammesgenossen im eigentlichen Ungarn 
immerhin einen doppelten Vortheil: sie geriethen niemals unter 
directe Türkenherrschaft und blieben von der Gegen-Reformation 
verschont. An Kämpfen aller Art fehlte es ihnen allerdings auch 
nicht; Tapferkeit, Wachsamkeit und Umsicht rettete ihnen die muni 
cipale Selbständigkeit, die in einer politisch-nationalen Geschlossen 
heit (der Sachsen-Universität) culminierte, erhob die Sachsen zu 
einem gleichberechtigten Factor gegenüber den beiden andern gesetz 
lichen Nationen (Ungern und Szöklern) im Lande und schützte 
dadurch auch ihr Volksthum in Sprache, Recht, Sitte und Ein 
richtung vor dem Verfalle. 
Über die Deutschen in Ungarn brachten die mehr als hundert 
Jahre (1604—1711) dauernden inneren Unruhen, Ver 
schwörungen, Aufstände und Parteikriege (Bocskay, Bethlen, Wesse- 
lönyi-Zrinyi, Tökölyi, Räköczi) gleichfalls unsägliches Elend, da 
der Schauplatz dieser Kämpfe größtentheils das nördliche Ungarn 
war. Die deutschen Städte der Zips, des Säroser und Abaujvärer 
Comitats wurden bei allen diesen Ruhestörungen arg in Mitleiden 
schaft gezogen und hatten von Freund und Feind, von den Kaiser 
lichen wie von den Aufständischen, von den „Labanzen" wie von 
den „Kurutzen" in gleichem Maße Brandschatzungen, Beraubungen,
	        
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