Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

Geistiges und sittliches Leben. 
d. h. er lügt; oder „er versteht das Zigeuner-Roß zu reiten." 
„Zigeunerei" ist gleichbedeutend mit Betrug. Falschheit oder 
schmutziger Knauserei; der „Zigeuner-Erwerb" bedeutet Diebstahl 
und Betrug. Er ist „unter dem Zigeuner-Zelt geboren", d. h. 
er ist eine falsche, lügnerische Natnr. Das Schlechte. Wertlose 
bekommt den „Zigeuner-" Beinamen. So nennt der Ungar eine 
grätenreiche Karpfenart (Cyprinus finea) czigäny-hal, d. h. 
Zigeunerfisch; der „Zigeuner-Honig" (czigäny-mez) ist stark mit 
Wasser verdünnter Honig; der Koriander heißt „ozigany-potrs- ^ 
zselyem“ (Zigeuner-Petersilie); die schwarzgefiederte Wildente 
ist die „Zigeuner-Ente" (czigany-rucza), die kleine schwarzbeerige 
Weintraube die „Zigeuner-Traube" (czigäny-szölo), der bromus 
secalinus der „Zigennerhafer"; das Kolophonium das „Zigeuner 
pech" n. s. w. 
Doch spricht sich in diesen Redensarten und Bezeichnungen 
weniger feindselige Verachtung, als weit eher Geringschätzigkeit 
und gemüthliche Duldung aus. Man betrachtet den Zigeuner 
mehr als großes, doch oft lästiges, zudringliches und selbst 
schädliches Kind, das deshalb auch häufig harte Züchtigung erfährt, 
dem man aber für die Dauer doch nicht ernstlich gram sein kann. 
Unstreitig besitzt das Zigennervolk bedeutende geistige Anlagen 
und Fähigkeiten, welche bei ordentlicher Schulung und consequenter, 
ausdauernder Gewöhnung im Dienste der Cultur Schätzenswertes 
zu leisten vermöchten. Daß es dem Volke auch au gemüthlichen 
Empfindungen nicht mangelt, beweisen einerseits die bereits 
angeführten familiären und Stammes-Beziehungen, anderseits geht 
dies aus der Musik und aus dem Volksgesange der Zigeuner 
hervor.