Volltext: Graf Stefan Tisza

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des Ministerpräsidenten“ apostrophiert, was dann den jungen 
Redner zu der schnippischen Antwort veranlaßt, daß er sehr 
bedauere, des Ministerpräsidenten Sohn zu sein, hieran jedoch 
nichts ändern könne. Allerdings verleugnet Stefan Tisza bei 
keiner Gelegenheit die Solidarität mit dem Vater, den er in 
den gefährlichen Tagen, als sich der Mob gegen sein Leben 
verschworen hat, mit einem eisernen Stock bewaffnet, auf allen 
Wegen begleitet. Aus Anlaß dieser Straßentumulte wird Ko- 
loman Tisza von einem Oppositionsredner Furcht vorgeworfen. 
Keine Untugend ist in den Augen der Tiszas verwerflicher. 
Stefan entgegnet denn auch leidenschaftlich, daß „alle die¬ 
jenigen, die da behaupten, Koloman Tisza fürchte sich oder 
habe sich jemals gefürchtet, offenkundig die Unwahrheit 
sprechen“. 
Aber auch, nachdem Koloman Tisza bereits längst zurück¬ 
getreten ist, fühlt sich der Sohn wiederholt genötigt, zur Ver¬ 
teidigung der väterlichen Intentionen mit harten Worten ein¬ 
zuschreiten. Einmal, als er die Angreifer seines Vaters ent¬ 
rüstet als „Lügner1“ bezeichnet, zieht er sich sogar die Zurecht¬ 
weisung des Hauspräsidenten zu. In diesen späteren Jahren, 
da Stefan Tiszas Kräfte bereits ganz durch den Kampf gegen 
die immer heftiger werdende Obstruktion in Anspruch ge¬ 
nommen sind, hält man ihm wiederholt vor, das Obstruieren 
„von seinem Papa“ gelernt zu haben. Anläßlich eines solchen 
Angriffs erwidert Tisza, die Obstruktion, auch die einst von 
seinem Vater praktizierte, entschieden zu mißbilligen, und fügt 
hinzu: „Ich glaube, man bekundet seine Achtung den Männern 
gegenüber, die man ihrer Verdienste wegen schätzt — denn 
die persönlichen Beziehungen zwischen mir und meinem Vater 
gehören nicht vor die Öffentlichkeit — keineswegs, indem man 
ihre Fehler entschuldigt, sondern indem man sich ihre guten 
und starken Eigenschaften zum Beispiel nimmt“. 
Noch einmal kehrt der Name Koloman Tisza in einem 
Zwischenruf während einer Rede Stefan Tiszas wieder, als der 
alte Tisza bereits seit zwei Jahren tot und der junge seit 
etlichen Monaten Ministerpräsident ist. „Man kann nichts 
erwarten von einem Mann“ — wird ihm vorgeworfen —, „der 
schon mit vierundzwanzig Jahren dort begonnen hat, wo der 
Väter aufhörte.“ Wie ist dieser Vorwurf zu verstehen? Daß 
Stefan Tisza noch um etliche Nuancen konservativer, aulischer, 
ausgleichsfreundlicher als der Vater war? Oder daß man in 
Tisza juniors politischem Werdegang von allem Anfang ver¬
	        
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