Volltext: Graf Stefan Tisza

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POLEN, ITALIEN, RUMÄNIEN 
„Das Schicksal des ungarischen Volkes ist 
ganz mit der Croßmachtstellung der Monarchie 
verwachsen.“ 
Das war der Fluch des Weltkrieges: selbst ihn zu gewin¬ 
nen, erschien von allem Anbeginn bedenklich. Denn er lieferte 
für Sieger und Besiegte gleicherweise unverdauliche Probleme. 
Man dachte nicht — wie bei kleineren Kriegen der Vergan¬ 
genheit — in Länderteilen, man dachte in ganzen Ländern. 
Serbien, Bulgarien, Polen, Italien, Rumänien stellten nicht 
bloß Territorien dar, die es an sich zu ketten oder zu bekämp¬ 
fen, mit erobertem Besitz zu saturieren oder aus Eigenem 
schadlos zu halten galt. Sie keilten sich für alle Fälle tren¬ 
nend zwischen die Bundesgenossen. Ob man sie als Feind oder 
Freund behandelte, ihnen Bedingungen stellte oder solche von 
ihnen entgegennahm, sie wirkten als Probleme zersetzend auf 
das österreichisch-ungarische Gefüge und mehr noch auf 
das Bündnis zwischen Deutschland und Österreich-Ungarn ein. 
Es zeigte sich jetzt erst, daß es keine einheitliche österrei¬ 
chisch-ungarische Außenpolitik gab, sondern daß beide Reichs¬ 
hälften vom Standpunkte ihrer heterogenen Inneninteressen 
aus auch in bezug auf Länderanschluß und Ländererwerb ver¬ 
schieden dachten. Und es zeigte sich auch, daß es zwischen 
dem Deutschen und dem habsburgischen Reich nur so lange 
eine Übereinstimmung gab, als Aufteilungs- und Abtretungs¬ 
fragen nicht zur Sprache kamen. 
Tisza vertritt inmitten dieser inneren Kampffront bewußt 
den rein ungarischen Standpunkt, verfolgt eigene Kriegsziele, 
die Wien sowohl als auch Berlin erst mundgerecht gemacht 
werden müssen. Sein Hauptgesichtspunkt ist, daß an dem 
Grundsatz des Dualismus nur ja nicht gerüttelt werde, daß 
Ungarns paritätische Stellung im Verbände der Monarchie — 
Er6nyi: Graf Tisza. 
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