Volltext: Graf Stefan Tisza

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zeitigen Offenbarung in Eede nnd Schrift, ist bei aller Ziel¬ 
strebigkeit von recht verwickelter Beschaffenheit, hart nnd 
gefühlvoll, von prophetischem Schwung und kühl abwägend, 
diktatorisch und dialektisch in einem. 
Zu Neujahr 1911 wird die literarische Monatsschrift 
„Magyar Figyelö“ („Ungarischer Merker“) unter Tiszas 
Patronat und Mitwirkung vom Stapel gelassen. Als Schrift¬ 
leiter zeichnet Franz Herczeg, der elegante Publizist und 
Belletrist, Verfasser zahlreicher Eomane und Schauspiele, in 
denen sich die leichte Feder und unproblematische Farben¬ 
freudigkeit des Mondänen mit dem Pathos des Eechtsliteraten 
und beflissenen Künders der staatserhaltenden Ethik paaren. 
Ein persönlicher Freund und politischer Anhänger Tiszas, wird 
Herczeg diesem Unternehmen gewiß Niveau und Breite der 
Aspekte verleihen, alle Eechtschaffenen von gemäßigter Ge¬ 
sinnung aus der kulturpolitischen, kritischen und dichterischen 
Gilde heranziehen und somit eine Eevue schaffen, die — jeg¬ 
licher geistigen Auflehnung abhold, von den Modernen ver¬ 
pönt — dem gebildeten, ordnungliebenden Durchschnittsmann 
immerhin eine artige, anregende Übersicht bietet. 
Aber der eigentliche Spiritus rector der Zeitschrift ist 
nicht so sehr Herczeg, als vielmehr Tisza selbst, der sich — 
besonders zu Anfang — auch der redaktionellen Geschäfte an¬ 
nimmt, Manuskripte liest, sich mit den Mitarbeitern eingehend 
berät, dem Blatt seine persönliche Note gibt, ohne deshalb den 
Mitarbeitern Gewalt anzutun. Nun soll der tiefer ver¬ 
anlagte, die verschiedensten geistigen Zeit- und Weltströmun¬ 
gen nach den Gesetzen seiner Eigenart registrierende Tisza 
sprechen, der bei aller Neigung zu konservativer Einschrän¬ 
kung und Isolierung die Welt doch stets unter Voraussetzun¬ 
gen von Niveau erschaut. Sinn hat diese Zeitschrift bloß, 
indem sie das Organ des Schriftstellers Tisza ist, der den 
Politiker aufs Merkwürdigste ergänzt. Und Tisza bedient sich 
ausgiebig seines Organs. In den zwei Jahren, da ihm eine 
schriftstellerische Ablenkung physisch eben noch möglich ist, 
läßt er im „Magyar Figyelö“ etwa dreißig kleinere und 
größere Studien erscheinen, die die verschiedensten Gebiete 
berühren. Der größere Teil von ihnen gilt aktuellen Problemen, 
die dem Politiker besonders naheliegen. Unter diesen beschäf¬ 
tigt Tisza natürlich am allerintensivsten die Frage der Wahl¬ 
rechtsreform. Doch finden sich unter den Beiträgen auch 
Betrachtungen von grundsätzlicher Bedeutung, die nicht an
	        
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