Volltext: Milde Beiträge zur Sitten- und Kunstgeschichte (1)

344 Das Kloster Maria Verkündigung in Steyr. 
Den Klosterfrauen in Steyr wurde die Wahl nicht leicht. 
Auf wohlmeinendes Zureden des Dechants und Stadtpfarrers 
in Enns Grafen Engl, der vom bischöflichen Ordinariate als 
Kommissär für die weiteren Klosteraufhebungen ernannt wurde, 
dann des Abtes von Garsten Maurus Gordon und anderer 
nahmen sie das Ursulineninstitut an. Die Regierung meldete 
dies dem kaiserlichen Hofe unter dem 17. April. Dechant Engl 
erhielt von Passau aus den Befehl, die Umänderung einzuleiten 
und durchzuführen, insbesondere Anordnung zu treffen, daß zwei 
Ursulinen aus dem Linzer Kloster nach Steyr zum Unterrichte 
der dortigen Schwestern abgeordnet werden. Nach kaiserlicher 
Verordnung mußte, wenn Nonnen ein anderes Ordensinstitut 
annehmen wollten, die Oberin ihnen aus dem betreffenden Orden 
gestellt oder wenigstens von der Oberin des erwählten Ordens 
Anstalt getroffen werden, daß sie im neuen Institut, besonders 
im Unterrichte der Kinder, wohl unterrichtet werden, wie denn 
auch derlei Klöstern die Verwaltung des Vermögens nicht eher 
zurückgegeben werden durfte, als bis sie wirklich zu Elisabethinen 
oder Ursulinen umgestaltet waren. 
Am 20. Mai fuhren demgemäß zwei Chorfrauen des Ursu— 
linenkonventes in Linz, Antonia und Angela, geführt von ihrer 
Oberin, Kajetana, begleitet von einer Kandidatin, Anna Sieg— 
hartner, nach Steyr. Mittags speisten sie beim Dechant in Enns, 
abends trafen sie beim Kloster in Steyr ein. Der Beichtvater 
des Klosters geleitete sie in die Kirche. Hinter der inneren Pforte 
standen die Cölestinen in zwei Reihen, brennende Kerzen in den 
Händen; sie fielen vor den Ankommenden auf die Knie, viele 
küßten ihnen nicht nur die Hände und Kleider, sondern auch 
die Füße. Dann führten sie ihre neuen Meisterinnen in den 
Chor und hierauf in die bestens eingerichteten Zimmer. In 
diesen speisten die Ursulinen auch, bis sie die Tischgemeinschaft 
mit den anderen aufnehmen sollten, also bis zur Einführung der 
neuen Ordnung. 
Am nächsten Tage stellte Dechant Engl die Ursulinen der 
Klostergemeinde vor mit der Ankündigung, daß von da ab die 
strenge Klausur und das Breviergebet aufgehoben sei und am 
25. Mai die neue Ordnung nach der Konstitution der Ursulinen 
beginnen werde; jenen, welche das Ursulineninstitut nicht an— 
nehmen wollten, befahl er, sich während ihres Aufenthaltes im 
Kloster ruhig zu verhalten. Es hatten nämlich in einer Bitt— 
schrift vom 10. Mai mehrere Cölestinen verlangt, aus dem 
Kloster austreten zu dürfen. ä 
Am dritten Tage besichtigte die Ursulinen-Oberin den Platz, 
wohin die Schule sollte zu stehen kommen, und ließ sich vom 
Baumeister die Risse zeigen. Die Grundsteinlegung fand sodann 
am 4. Juni durch den Abt von Garsten statt. Die in den Grund—
	        
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