Das Kloster Maria Verkündigung in Steyr. 3438
Lebensart führen; dann das im Machlandviertel auf einer An—
höhe liegende Jungfrauenstift Windhag Saneti Dominici ordinis,
welches derzeit aus 21 Nonnen bestehe und eine Herrschaft
gleichen Namens besitze, aus deren Revenuen selbes seine einzige
Erhaltung habe. Erstere hätten sich noch vor Einlangung der
Allerhöchsten Verordnung zum öffentlichen Normalschulunterricht
für Mädchen erklärt. Die Windhager Nonnen befänden sich in
sehr mißlichen Vermögensumständen. Daß sie öffentlichen Unter—
richt und Jugenderziehung übernehmen, scheine bei der allerdings
sehr gesunden, aber einsamen und von anderen Ortschaften weit
entfernten Lage des Stiftes nicht tunlich.
Die kaiserliche Entscheidung vom 8. März besagte: Wenn
die Colestinen in Steyr für die dortige weibuche Jugend eine
öffentliche unentgeltliche Normalschule halten, somit den Ursu—
linenorden vollkommen annehmen, wozu sie vom Diözesan—
ordinarius sich die Dispensation zu verschaffen hätten, so sollen
sie noch ferner beibehalten, im widrigen Falle aber ohneweiters
aufgehoben werden. Dagegen ist das Frauenstift zu Windhag
nach den vorgeschriebenen Maßregeln aufzuheben und sind aͤlle
gebrechlichen Karmelitinnen, Cölestinen und' Dominikanerinnen
in das aufgehobene Kloster zu Windhag zu übernehmen, wo sie
unter Aufsicht des Diözesanordinarius ihr Leben in Ruhe be—
schließen können. *
Vom Fürstbischofe zu Passau, damals Leopold Ernst Graf
Firmian, verlangte die Regierung zwei Paritionsbefehle, einen
für die Dominikanerinnen, einen anderen für die Cölestinen, be—
züglich letzterer für den Fall, als deren Erklärungen zur An—
nahme des Ursulineninstitutes nicht binnen 14 Tagen einlangen
sollten. Die beiden Paritionsbefehle wurden erteilt, für die Coͤle—
stinen dahin lautend, daß, wenu sie nicht den Ursulinenorden
vollkommen annehmen wollten, an alle die Ermahnung ergehe,
sich sowohl in Ansehung der Klausur als anderer von den
landesfürstlichen Herren Kommissarien zu treffenden Anordnungen
mit aller Gelassen⸗ und Bescheidenheit zu fügen.
Das hatten die Cölestinen nicht erwartet. Ursulinen sollten
sie werden? — Für einen Weltmenschen, und sei er auch kein
schlechter Christ, scheint es ziemlich gleichgültig zu sein, ob ein
religiöser Orden diesen oder jenen Namen hat, ob die Nonnen
so oder anders gekleidet sind, ob die Klausur mehr oder weniger
dehnbar ist. Für Ordensleute, die in einer gewissen Tradition
herangewachsen sind, ist jede derartige Angelegenheit von Be—
deutung. Sie trifft das Gemütsleben, sie stellt den inneren und
äußeren Frieden in Frage. Allerdings waren ja Annuntiaten—
Cölestinen und Ursulinen einander nicht so fremd, indem beide
Orden auf der Augustinerregel beruhten.