Volltext: Milde Beiträge zur Sitten- und Kunstgeschichte (1)

Dr. Josef Salzmann. 
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die Seele seines Handelns war, freute er sich des Guten und 
Schönen, wo immer es sich finden mochte, während er das Gegen— 
teil mit der ihm eigenen Entschiedenheit verdammte.“ 
Außerdem dozierte er durch mehrere Jahre die lateinische 
Sprache. Auch für dieses Fach war er vorzüglich geeignet. Denn 
in den klassischen Schriftstellern des Altertums war er vollständig 
zu Hause. Er las dieselben noch in den letzten Jahren seines 
Lebens mit den Schülern, und zwar mit so lebhaftem Interesse, 
daß er sich von ihnen oft kaum zu trennen vermochte und daß 
er die Schulstunden mitunter ein wenig verlängerte — auch gegen 
seinen Vorsatz, dies nicht zu tun. Dabei suchte er die Blicke der 
Schüler auch von solchen Lesungen nach einer höheren Sphäre 
emporzulenken. „Gottlob!“ rief er einmal aus, „Gottlob! Daß 
es außer Athen und Rom noch andere Schulen gibt, dort, 
wo die Torheit des Kreuzes Weisheit predigt; daß es außer 
Zoroaster und Plato noch andere Lehrer gibt, die zu Jesu Füßen 
gesessen, aus seiner Brust die Ströme des lebendigen Wassers 
getrunken und damit den Erdkreis befruchtet haben. Unser Geist 
trinkt nun aus dem Lichtborn der Ewigkeit und unsere Seele 
nährt sich an jedem Worte, das aus dem Munde Gottes kommt.“ 
Die ganze Zeit, während welcher Salzmann am Salesianum 
war, lehrte er aber auch die geistliche Beredsamkeit. Und hiezu 
war er als hervorragender Prediger ja außerordentlich befähigt. 
Wie viel ihm an dem Fortschritte und der wissenschaftlichen 
Befähigung seiner Zöglinge gelegen war, bewies Salzmann auch 
durch den Eifer, mit dem er am Schlusse eines jeden Semesters 
die Prüfungen vornahm, beziehungsweise leitete, die jedesmal 
volle zwei Wochen in Anspruch nahmen. Von morgens 8 Uhr 
bis abends 7 Uhr mit geringen Unterbrechungen saß er da im 
Schulzimmer, und zwar keineswegs als stummer Zuschauer, 
sondern vielfach eingreifend und durch passende Bemerkungen den 
ganzen Vorgang belebend. Nie wollte er bei diesen Prüfungen 
fehlen; selbst wenn er mitten im Kollektieren war, kehrte er eiligst 
zu den Prüfungen zurück. 
Der Volksmann. 
Dabei ging er in der Sorge um das Salesianum keineswegs 
allein auf. Wo immer ein guter Rat zu erteilen, ein Streit zu 
schlichten, ein schwieriger Fall zu lösen war, da war Salzmann 
mit Rat und Tat bei der Hand. Oefters, wenn Streitigkeiten in 
Gemeinden zu schlichten waren, sandte der Bischof den Rektor 
des Salesianums hin, um die aufgeregten Gemüter zu besänftigen 
und den Frieden und die Eintracht wieder herzustellen. Wenigstens 
in den meisten Fällen sicherte ihm seine Sanftmut und sein um— 
sichtiges Verfahren den gewünschten Erfolg. Er verstand es aber
	        
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