Dr. Josef Salzmann.
243
ist dann die feierliche Konsekration dieser Kirche zur Unbefleckten Empfängnis
Beatae Mariae Virginis. Und dann oder noch früher käme die Reihe an
unsere Seminarkirche oder Kapelle, die ich gern geziemend ausschmücken
möchte, damit der Herr ein schönes Haus und wir selbst einen vergnüglich,
traulich, anziehenden Besuch darin haben und damit die Alumnen einen
kirchlichen Geschmack sich aneignen. Die Kapelle steht seit September unter
Dach und die Konsekration soll geschehen, wenn die Priester alle zu den
Exerzitien sich im Seminar versammeln.
Herr Gernbauer hat in Manitowa eine sehr ausgebreitete Mission,
kommt daher ganz selten nach Milwaukee; seine Schwester ist gut verheiratet
an einen Bäcker in Sheboggan. Dortselbst wohnen auch einige Oesterreicher
aus Ried und Zell im Mühlkreis, die es anfangs nicht begreifen konnten,
daß hier die Priester kollektieren und daß die Kirchen ꝛc. nicht von selbst
aus dem Boden wachsen.
Die äußere Wut unserer Gegner hat nachgelassen — an vielen sieht
man Gottes Strafgerichte, häufig jäher Tod — aber die innere Wut gährt
fort — diese schadet mehr — denn sie treten leiser und berechnender auf
und haben es abgesehen auf die jüngere Generation, die, wenig erstarkt
im Glauben, wenig gezügelt von Eltern, leicht umgarnt wird. Ich hasse
deshalb alle Berichte, die vom großen Fortschritte der katholischen Kirche
über den Ozean schreien.
Aber ach — während ich den Brief ein paar Tage unterbrach —
schreibt mir die Schwester aus Wien, Dr. Salfinger sei scheintot in den
Sarg gelegt worden — ich kann oder ich will mich noch trösten mit dem
Gedanken „Falsches Gerücht“. Er war drei Jahre mit mir im Seminar
und über zwei Jahre in Wien — hart an mir im Oratorium, und jetzt!
— ich bin in qualvoller Ungewißheit — reißen Sie mich schnell daraus.
Das also ist das Leben — ach, Gottlob! nur die Vor⸗ wenn auch Kreuzes—
schule fürs bessere Heim!
Ich bat Kanonikus Schiedermayr um einen Schematismus — aber
umsonst; oft wünschte ich über meine Kollegen zu hören, wenigstens ob
sie noch leben — die Karte der Diözese Linz hängt in meinem Zimmer —
aber ich weiß fast von keinem Priester die Station — würde dann vielleicht
öfter schreiben. — Ich sehe schon — wenn ich nach drei Jahren mein
Vaterland besuche, muß ich mich bei gar vielen (doch nicht beim lieben
Haßreidter und noch einigen Wenigen) erst legitimieren und identifizieren
und ich bin auf gar alles in dieser Hinsicht gesaßt — so wenigstens hoffe
ich mit höherem Beistand. Dazu sind mir die 11-12 Jahre in Amerika
die beste Probezeit; denn sowie man das größte Schiff mit einem Stoß
vom Ufer trennt: so kann ich mit einem leichten Stoß (ohne Seufzer) die
ganze neue Welt von meinem Herzen abstoßen (bloß nicht das Seminar)
und wenn's mir auch in der alten Welt gleichermaßen geht, wie ich fürchte
oder hoffe — wohlan — so muß ich zwischen zwei Welten — zum Himmel
das Herz erheben. O, Sie, Sie mit Wenigen dürfen mir glauben, daß
ich meine anscheinend großen Opfer für winzig anschlage um den Preis
der Errungenschaft dieses Lehrstückes.
Allein ich werde wirklich in drei Jahren die Heimat besuchen, zur
Anschaffung einer Bibliothek und anderer literarischen Bedürfnisse; und
weil sich dies von selbst und notwendig ergibt und in so naher Verbindung
steht mit unserm Seminar: so hoffe ich, diese Reise komme von Gott und
werde mir nicht als verlorene Zeit Rechnung machen. Daß ich mich
auch menschlich hierauf freue, möge mir Gott und Sie verzeihen, der liebe
Heiland wird mir schon Dornen flechten und oftmals meinen Pilgerfuß
ritzen. Was soll ich Ihnen und den lieben Riedern alsdann mitbringen?
Daß seit September 1857 mein alter Vater (jetzt 70 Jahre) mich
überraschte und in Wahrheit erschreckte (ich hielt eben Vorlesung aus der
Kirchengeschichte und erkannte den durch die Reise Abgemagerten nicht
16*