Volltext: Milde Beiträge zur Sitten- und Kunstgeschichte (1)

Dr. Josef Salzmann. 
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Gelobt sei Jesus und Maria! 
Milwaukee, 3. April 1859. 
Lieber, bester Freund! 
Edler Herr Haßreidter 
Wo anfangen und wie die Worte setzen, um mein langes Schweigen 
zu entschuldigen! Doch soll mir denn wirklich hiebei bange werden, mir, 
dem die innere Stimme kein Erkalten, kein Abnehmen der Freundesgefühle 
bezeugt und dies gegenüber einem Freunde, der mich kennt und wenigstens 
aufs Wort mir glaubt? — und wer verzeiht, dem wird wieder verziehen, 
d. h. ich will dann gar nichts mehr sagen davon, daß Sie mich hätten 
durch mehr Ungestüm im Schreiben zur Antwort nötigen können und sollen. 
Ich werde nun bald wieder durch Sie erfahren, wie es mit dem kirch⸗ 
lichen Aufschwunge in Oesterreich aussieht, wie die Klöster in Ried florieren 
und sich ausbreiten — ob das Volk die Heilsmittel der Kirche mehr schätzt, 
ob auch die Beamten, wenigstens in der Mehrzahl, von kirchlicher Gesinnung 
sich durchdringen lassen ꝛc. ꝛc. — möcht' auch fo gern hören vom Fort— 
bestand und vom detaillierten Bestand der Kleinkinderbewahranstalt, die 
ich in süßester Erinnerung die „unsrige“ nenne, und für die ich am 3. Mai 
gerne wieder denselben göttlichen Kinderfreund im selbigen Opfer dem 
selbigen Vater der Waisen und Armen darbringe — möcht' auch gerne 
hören, ob ich Ihrem lieben Vater das heilige Memento vor oder nach der 
Konsekration zu machen habe — ob Alois gründlich belehrt, die rechten 
Wege geht, ob Ihre 4 Kinder noch alle Ihres anruckenden Alters Trost 
und Himmelsersatz sind für Ihr Opfer, an das mich Ihre Denkmünze wohl 
100mal schon exinnert hat. O, ein Spaziergang nach St. Thomas*) würde 
zu kurz, um all' die Fragen des Augenblickes beantwortet zu hören. 
Welche Kapläne arbeiten jetzt in Ried? — und ist Hochw. Breselmayr 
noch Katechet und Beichtvater und Armenvater? und ist Hochw. Freund 
noch dort und auch mir noch Freund? und kann er sich meines Namens 
noch entsinnen? Herr Dechant von Aurolzmünster ist tot — und Herr 
Pfarrer von St. Martin sein Nachfolger. Wer ist in Taiskirchen? Und 
lebt Wittfrau Erb noch, die gute Schmiedin? — bin ihr noch immer die 
Antwort schuldig — indes schick“ ich 100 Grüße — und am 4. Mai will 
ich die heilige Messe für * Ehemann lesen. 
Und nun erst in Ried — um wie viele hätte ich da zu fragen! Aber 
die einen nennen hieße die Ungenannten vergessen haben — und aber 
gar viele Personen ziehen an meinem Geiste vorüber (vielleicht schon 
wirklich bloß Geister) deren Namen mir nicht mehr beifallen; ich will des— 
halb besser um die Einzelnen nicht fragen, hoffe aber von denen, die mich 
noch kennen, einen Gruß und ein Memento — Gebet ist immer mehr wert 
als Tränen selbst und Schwüre. — Wen aus der Beamtenwelt könnte ich 
etwa noch nennen? AB. Bald hätt' ich vergessen zu gratulieren für die 
Erhöhung Rieds zur Würde einer k. k. Stadt — also wäre. ich jetzt auch 
Stadtkaplan! 
Was die Politik betrifft — wir können wohl kein Körnchen dazu in 
die Wagschale legen — aber doch bin ich sehr bekümmert um mein liebes 
Vaterland — denn wenn auch die Diplomatie das Waffengeklirr wohl 
vermeiden wird: so muß doch der bewaffnete Friede die Finanzen 
Oesterreichs hart mitnehmen — und das ist ja der schwächste Punkt 
des Vaterlandes, und schon so schadet der Krieg, und so oft ich bete im 
Gebet fürs Allgemeine Anliegen: wende ab, gnädigster Vater! die 
wohlverdienten Strafen.. Kriegsrüstung, Teuerung 2ꝛc. denk' ich ans 
Vaterland. —*8 
Verargen Sie mir nicht das Wort: „Vaterland“ — „es ist ein süßer 
Klang im fremden Lande, denn zur Heinat wird es nie“ und daß mir 
*) Eine Stunde von Ried. 
Hartl, Milde Beiträge. 
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