Volltext: Milde Beiträge zur Sitten- und Kunstgeschichte (1)

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Sprachliche Eigentümlichkeiten der Vulgata. 
Konsonanten Verwechslungen, wie fobeas für foveas, parevis, 
scribsit, capud, istut; Hinzufügungen, wie occansio, exhordium; 
Weglassungen, wie conovi für cognovi, susum für sursum; 
Assimilation, wie dossum für dorsum. Wichtiger sind die Eigen— 
tümlichkeiten im Wortschatz und in der Flexion. Im allgemeinen 
läßt sich sagen, daß die Volkssprache den Sprachgebrauch der 
Schriftsprache nicht beachtet, sondern in Ableitung, Endungen, 
Flexion und Rektion verallgemeinernd oder regellos zu Werke 
geht. Daher Formen, wie calumnatio, genum, retia, ae; alium 
als Neutrum, uno als Dativ, marem, paupero, éerint, floriet, 
scibo, coram inimicos, prae omnes nationes usw. Andere Eigen— 
tümlichkeiten der lateinischen Vulgärsprache werden uns weiter 
unten noch begegnen. 
Nebstdem, daß sie im Vulgärlatein geschrieben sind, läßt 
sich an allen altlateinischen Bibelübersetzungen sehr leicht er— 
kennen, daß sie ein griechisches Original gehabt haben. 
Griechische Wörter, die unübersetzt geblieben sind, Nachbildungen 
griechischer Verbindungen, griechische Satzfügungen, Fehler in 
der Uebereinstimmung, die nur aus dem Griecchischen erklärt 
werden können, sind in allen diesen Texten sehr, zahlreich. Auch 
die Hebraismen, die sich überall in Menge finden, weisen auf 
den griechischen Text zurück, welcher deren in großer Anzahl 
enthält. Es ergibt sich hieraus, daß die Itala im Alten Testa— 
mente lediglich ein lateinisches Abbild der Septuaginta ist. Im 
Neuen Testamente gibt sie das Original ebenso treu wieder. 
Es ist leicht begreiflich, daß die Sprachform der Itala 
Ursache war, daß diese vielverbreitete Uebersetzung in ihren ein— 
zelnen Exemplaren mannigfache Veränderungen erlitt, durch 
welche die Christen sie zu verbessern glaubten. Die große Achtung, 
welche man der Heiligen Schrift bewahrte, regte dazu an, die 
Uebertragung auf den möglichst vollkommenen Ausdruck zu 
bringen, ihr also namentlich eine echt lateinische Färbung zu 
geben. Solche Aenderungen waren um so leichter gemacht, weil 
dazu bloß die Kenntnis des Griechischen gehörte. Die griechischen 
Bibeltexte aber, namentlich die Septuaginta, zeigten um die Zeit 
des 3. und 4. Jahrhunderts eine große Mannigfaltigkeit, so daß 
die Besitzer einer griechischen Handschrift in ihrer lateinischen 
Bibel leicht abweichende Lesarten fanden, die sie nach dem 
Griechischen verbessern zu müssen glaubten. So konnte wohl eine 
große Verschiedenheit entstehen, die natürlich auch in die öffent— 
lichen Vorlesungen und in die Liturgie überging. Hier ward sie 
stillschweigend ertragen, so lange die Kirche unter dem äußeren 
Drucke der Verfolgungen lebte; als aber die Ruhe nach der— 
selben zu sorgsamerer Pflege der kirchlichen Einrichtungen auf— 
forderte, ward auch dem Uebelstande Aufmerksamkeit zugewandt, 
welcher durch die Verschiedenheit des biblischen Ausdruckes und 
die diesfallsigen Kontroversen eingetreten war.
	        
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