Volltext: Milde Beiträge zur Sitten- und Kunstgeschichte (1)

106 Johann Evangelist Haberts einfacher Lebenslauf. 
Ein älterer Vetter von ihm, namens Jordan Habert, 
war um diese Zeit Lehrer im Markte Waizenkirchen, wo die 
Kirchenmusik unter der Leitung des Schulmeisters Josef Lanz, 
der als vorzüglicher Pianist bekannt war, in hoher Blüte stand. 
Aufgemuntert durch seinen Vetter, bewarb sich Johann um eine 
Stele daselbst, die er auch erhielt. Seine fünfjährige Tätigkeit 
in Raarn war außerordentlich belobt, so daß der Schuldistrikts— 
aufseher ihn ungern scheiden sah. 
In Waizenktirchen hatte Habert bei gleich eifriger Schul—⸗ 
tätigkeit mehr Gelegenheit, die verschiedensten Musikwerke kennen 
zu lernen. Oft war er auch zu dem Advokaten Dr. Kienzl, 
dem Vater des seither berühmt gewordenen Musikers Wilhelm 
Kienzl, geladen, der auch zu den Mitgliedern des Kirchenchores 
gehörte und überdies die Hausmusik liebte. Das Studium der 
hbesten musiktheoretischen Werke ließ sich Habert in dieser Zeit 
gleichfalls sehr angelegen sein. Eine Frucht desselben waren 
vbiele Kompositionsversuche ernsterer Art. Den Palestrina⸗Stil 
hatte er schon in Naarn kennen gelernt und zwar durch das 
seither vielgenannte Werk Musica divina von Proske, dessen 
ersten Bände ihm von einer Linzer Buchhandlung gleich nach 
ihrem Erscheinen waren zugesandt worden. Noch in seinen 
letzten Lebensjahren gestand er, daß er durch dieses Werk für 
den Palestrina-Stil“ gewonnen wurde, „ohne jedoch der 
Instrumentalmusik untreu zu werden“. 
Im Jahre 1860 war die Familie Kienzl nach Gmunden 
am Traunseé übersiedelt und da bald hernach die Stelle eines 
Stadtpfarr⸗Organisten daselbst ausgeschrieben wurde, so lud 
man Habert ein, zum Probe-Orgelspiele dorthin zu kommen. 
Er kam und erhielt die Stelle. Im Jänner 1861 übersiedelte 
er nach Gmunden. 
Der Entschluß, das Volksschullehramt zu verlassen, war 
ihm nicht leicht angekommen. Nachdem er ihn aber gefaßt hatte, 
stellte er wirklich seine ganze Kraft, seine pädagogische und 
allgemeine Bildung in den Dienst der Musik. In Gmunden 
war er eigentlich ein Fremdling. Die Familie Kienzl übersiedelte 
ja bald nach Graz. In der Kirche hatte er weiter nichts zu 
tun als die Orgel zu spielen. Das Honorar war gering. Einen 
Musikverein oder eine größere Lehranstalt mit Musikunterricht 
gab es nicht. Er mußte sich, um leben zu können, um Privat⸗ 
stunden umsehen, so gut es ging. Und das ging wirklich gut. 
In Gmunden herrschte ja schon damals im Sommer ein be— 
deutender Fremdenverkehr und manche der Herrschaften blieben 
auch im Winter dort. So kam es, daß Habert Kinder aus den 
vornehmsten Familien wenigstens für kürzere Zeit zu Klavier— 
schülern hatte, so daß er sich bald erlauben durfte, einen sehr 
guͤten Wiener Flügel zu kaufen, der von, da an bis zu seinem
	        
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