Volltext: Milde Beiträge zur Sitten- und Kunstgeschichte (1)

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Leopold Kupelwieser. 
Sein Talent für die bildende Kunst zeigte er schon in 
früher Jugend, indem er aus Wachs und Ton kleine Figürchen 
berfertigte; diese kamen durch eine am kaiserlichen Hofe be— 
dieustete Frau in die Hände des Kronprinzen Ferdinand und 
seiner Schwestern und trugen dem kleinen Künstler eine Pracht— 
karosse mit sechs Schimmeln, natürlich aus Holz, als Gegen— 
geschenk ein. Auch der Zeichenlehrer der jungen Erzherzoginnen 
sah die hübschen Figürchen, die der Kronprinz besaß, gewann 
Interesse für den Verfertiger derselben, besuchte dessen Eltern 
es war in Baden, wo der kaiserliche Hof weilte und auch 
die Familie Kupelwieser einen Teil des Sommers zubrachte 
und forderte sie auf, das Talent des jungen Künstlers nicht 
brach liegen zu lassen. Die Folge war, daß der kleine Leopold, 
nach Wien zurückgekehrt, Unterricht im Zeichnen bekam. Im 
Jahre 1809, also im Alter von 13 Jahren, finden wir ihn 
bereits als Schüler der Akademie der bildenden Künste in 
Wien. Er wollte Bildhauer werden, wandte sich aber dann der 
Malerei zu und versuchte sich bald in verschiedenen Porträts. 
Der Wohlstand der Familie verwandelte sich indessen, zum 
Teil infolge der Kriegsjahre, zum Teil auch infolge des Ein— 
trittes einiger wenig tauglichen Personen in das Geschäft des 
Vaters und Onkels, bald in Not. Zudem starb im Jahre 1813 
der Vater und der noch nicht siebzehnjährige Jüngling mußte 
sich nun selbst erhalten. Während er bei Tage die Akademie 
befuchte, benützte er die Abende und einen Teil der Nächte 
zur Bemalung der damals sehr beliebten lackierten Blechtassen, 
welche im Geschäfte des Onkels verkauft wurden. Bald liefen 
aber auch Bestellungen auf Porträts und andere Bilder ein, 
die, wenn auch nur gering bezahlt, doch zusammen ein hübsches 
Sümmchen abwarfen. 
Die Richtung an der Akademie war die sogenannte 
„klassische“. Es wurden meistens Kompositionsthemen aus 
Homer gegeben und Kupelwieser gab sich also mit Eifer dem 
Studium 'des Vaters der Dichtkunst hin. Dabei suchte er sich 
auch andere Kenntnisse zu erwerben, z. B. in der französischen 
Sprache. In den Ferien folgte er der Einladung eines älteren 
Freundes, dessen Familie in Gumpoldskirchen ein Landgut 
besaß; dort beteiligte er sich an ländlichen Arbeiten, besonders 
an der Weinlese, und erwarb sich in der Landwirtschaft und in 
der Botanik schätzbare Kenntnisse. 
Von Person war Kupelwieser groß und ebenmäßig gebaut; 
er war in' allen körperlichen Uebungen sehr geschickt, namentlich 
ein guter Schwimmer. Auf einem Selbstportraͤt, das er im 
Alter von 20 Jahren gemacht haben dürfte, fällt der liebliche, 
unschuldige Ausdruck auf, ein Kennzeichen seines reinen, 
biederen Gemütes.
	        
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