38
Leopold Kupelwieser.
Sein Talent für die bildende Kunst zeigte er schon in
früher Jugend, indem er aus Wachs und Ton kleine Figürchen
berfertigte; diese kamen durch eine am kaiserlichen Hofe be—
dieustete Frau in die Hände des Kronprinzen Ferdinand und
seiner Schwestern und trugen dem kleinen Künstler eine Pracht—
karosse mit sechs Schimmeln, natürlich aus Holz, als Gegen—
geschenk ein. Auch der Zeichenlehrer der jungen Erzherzoginnen
sah die hübschen Figürchen, die der Kronprinz besaß, gewann
Interesse für den Verfertiger derselben, besuchte dessen Eltern
es war in Baden, wo der kaiserliche Hof weilte und auch
die Familie Kupelwieser einen Teil des Sommers zubrachte
und forderte sie auf, das Talent des jungen Künstlers nicht
brach liegen zu lassen. Die Folge war, daß der kleine Leopold,
nach Wien zurückgekehrt, Unterricht im Zeichnen bekam. Im
Jahre 1809, also im Alter von 13 Jahren, finden wir ihn
bereits als Schüler der Akademie der bildenden Künste in
Wien. Er wollte Bildhauer werden, wandte sich aber dann der
Malerei zu und versuchte sich bald in verschiedenen Porträts.
Der Wohlstand der Familie verwandelte sich indessen, zum
Teil infolge der Kriegsjahre, zum Teil auch infolge des Ein—
trittes einiger wenig tauglichen Personen in das Geschäft des
Vaters und Onkels, bald in Not. Zudem starb im Jahre 1813
der Vater und der noch nicht siebzehnjährige Jüngling mußte
sich nun selbst erhalten. Während er bei Tage die Akademie
befuchte, benützte er die Abende und einen Teil der Nächte
zur Bemalung der damals sehr beliebten lackierten Blechtassen,
welche im Geschäfte des Onkels verkauft wurden. Bald liefen
aber auch Bestellungen auf Porträts und andere Bilder ein,
die, wenn auch nur gering bezahlt, doch zusammen ein hübsches
Sümmchen abwarfen.
Die Richtung an der Akademie war die sogenannte
„klassische“. Es wurden meistens Kompositionsthemen aus
Homer gegeben und Kupelwieser gab sich also mit Eifer dem
Studium 'des Vaters der Dichtkunst hin. Dabei suchte er sich
auch andere Kenntnisse zu erwerben, z. B. in der französischen
Sprache. In den Ferien folgte er der Einladung eines älteren
Freundes, dessen Familie in Gumpoldskirchen ein Landgut
besaß; dort beteiligte er sich an ländlichen Arbeiten, besonders
an der Weinlese, und erwarb sich in der Landwirtschaft und in
der Botanik schätzbare Kenntnisse.
Von Person war Kupelwieser groß und ebenmäßig gebaut;
er war in' allen körperlichen Uebungen sehr geschickt, namentlich
ein guter Schwimmer. Auf einem Selbstportraͤt, das er im
Alter von 20 Jahren gemacht haben dürfte, fällt der liebliche,
unschuldige Ausdruck auf, ein Kennzeichen seines reinen,
biederen Gemütes.