Volltext: Kreuzweg eines Kaisers

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vereto Acquaviva. Nordwärts über Matarello führte die 
Straße in die durch das Konzil berühmt gewordene, an 
Palästen und Kirchen reiche Stadt Trient. Vom Süden 
blickten die Italiener begehrlich in dieses Paradies. Sie 
hatten sich auf der schneebedeckten Vignola verschanzt, 
die das Etschtal förmlich versperrt. Herrliche Rosen und 
wilde Heckenrosen sandten ihre Düfte aus, blaßblaue 
Glyzinien schwangen sich von Baum zu Baum, weiße und 
rosarote Tamarisken wurden vom zarten Windhauch be 
wegt, Obstblüten verhießen eine reiche Ernte. Zypressen 
und Pinien wären das Entzücken eines Watteau oder Tur 
ner gewesen. Die Schönheiten des Frühlings im Süden lie 
ßen des drohenden Kampfes vergessen. Die Bevölkerung 
war geflohen, nachdem sie die Statuen in den Gärten ver 
graben hatte. Ruhe und Friede gingen dem Zusammen 
stoß voraus. 
Langsam begann Leben in den verlassenen Garten zu 
kommen. Lastautos und Troßleute kamen. Am Mittag 
des 16. ließ der Erzherzog noch einige Truppen vor sich 
defilieren. Die Offensive sollte beginnen. Aber die Wetter 
verhältnisse geboten einen Aufschub. Die Zeit wurde be 
nützt, um die Truppen kennenzulernen — Söhne der 
Alpen, Ungarn, Tschechen, ein kaleidoskopartiger Aus 
schnitt aus der Völkerkarte des Reiches. Der Erzherzog 
besichtigte die ganze Front von Serrada bis zum Astico- 
tal in allen Einzelheiten, jedes Regiment, jede Batterie, 
jeden Graben, jeden Unterstand, jedes Spital und jeden 
Beobachtungsstand, während die Granaten und Schrap 
nells durch die Lüfte sausten und in den Schnee oder die 
Felsen schlugen. 
Die Armee stand noch in der Defensive, aber mancher 
Verteidiger fiel auf dieser Tour neben dem Thronfolger 
aus den Reihen. Er lernte wirklich die Schrecken des Krie 
ges kennen. Kein anderer Kommandant setzte sich den 
Gefahren aus - wie er* Er kam im Feuer der Flugzeuge, an
	        
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